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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0197
Außerordentlich blaß bleiben die Persönlichkeit Sigismunds, seine Umgebung und die Zeit,
in der er lebte, denn Baum beschränkt sich auf eine rein politische Biographie; soziale und
mentalitätsgeschichtliche Aspekte werden nur am Rande erwähnt. Hier zeigen sich deutlich
die Nachteile und Grenzen seiner Arbeitsmethode, die zu einseitig auf Sigismunds Itinerar
aufbaut und zuviel chronologische Reihung und zuwenig analytische Durchdringung bietet.

Die übergroße Faktenfülle erschwert nicht nur die Lesbarkeit des Buches, sondern sie vermag
auch nicht die analytischen Defizite zu ersetzen. Hinter der breiten vordergründigen Darstellung
von Handlungsabläufen bleiben die eigentlichen Fragen offen. So z. B. die Frage nach
den Handlungsspielräumen, die er vorfand und wie er sie zu nutzen verstand. Erst diese Fragestellungen
hätten eine fundierte und interessante Beurteilung Sigismunds ermöglicht. Das wird
auch im Kapitel über den Konflikt Sigismunds mit Herzog Friedrich IV. von Osterreich wäh-
rend des Konstanzer Konzils 1415 deutlich, als er in einem Uberraschungsschlag die Machtstellung
des Habsburgers zum Einsturz brachte und ihn zum demütigenden Einlenken zwang.
Baum betont zu Recht die diplomatische Überlegenheit des Königs, der seinen naiven und unvorsichtigen
Gegner überspielen konnte. Daß er aber die habsburgische Machtstellung trotzdem
nicht ganz zerschlagen konnte oder wollte, zeigt, daß der König hier deutlich an die Grenzen
seiner Macht stieß. Dieses Problem bleibt aber ausgeblendet, das vielschichtige Verhältnis
zwischen König und Reich wird nicht differenziert untersucht, und der Verfasser beschränkt
sich zu diesem Problemkreis nur auf pauschale Feststellungen.

Als Mangel empfinde ich, daß er sich mit den anregenden Ergebnissen der neuen Literatur
nur unzureichend auseinandersetzt. So wird z. B. die wichtige 1989 erschienene Dissertation
von Sabine Wefers über das politische System Kaiser Sigismunds zwar im Literaturverzeichnis
und an einer Stelle im Anmerkungsteil (S, 300) erwähnt, doch offensichtlich inhaltlich nicht
verarbeitet Dabei hätte gerade diese neue Arbeit wichtige Denkanstöße und Gelegenheit zur
Auseinandersetzung geboten. Willy Schulze

Rüdiger von Treskow, Erlauchter Vertheidiger der Menschenrechte! Die Korrespondenz
Karl von Rottecks. Bd. 1: Einführung und Interpretation, Bd. 2: Briefregesten (Veröffentlichungen
aus dem Archiv der Stadt Freiburg i. Br. Bd, 26) Verlag Ploetz, Freiburg/Würzburg
1990/1992. 238 bzw. 748 S., Abb.

Uber Karl von Rotteck, den „politischen Professor", hielt Horst Ehmke 1964 in Freiburg seine
Antrittsvorlesung. Er dokumentierte und wertete darin Leben und Werk des zu seiner Zeit
außergewöhnlich populären Vorkämpfers des bürgerlichen Liberalismus (1775—1840). Ehmke
beklagte damals, daß der Rottecknachlaß im Freiburger Stadtarchiv noch nicht geordnet und
für Benutzer zugänglich war. In den 80er Jahren beschäftigte sich Rüdiger von Treskow als
Doktorand mit Rotteck; er bearbeitete die Bestände des Stadtarchivs, die er sogar um zahlreiche
Rotteckautographen von anderen Institutionen ergänzen konnte. Ergiebig waren vor allem
seine Kontakte mit Rottecks Nachfahren. Es gelang ihm, die Korrespondenz Rottecks weitgehend
zu rekonstruieren, indem er über 2000 Briefe zusammentrug und rund 500 Adressaten
zuordnete.

Die ausführliche Version seiner Dissertation erschien in der Publikationsreihe des Freiburger
Stadtarchivs in zwei Bänden. Der erste wurde 1990 rechtzeitig zu Rottecks 150. Todestag
fertig. Er enthält eine Einführung und Interpretation. Der Autor legt den Facettenreichtum der
Korrespondenz dar, beleuchtet die gewichtigen und weitreichenden Verbindungen und die vielen
Rollen, denen Rotteck gerecht wurde: als Familienvater, Universitätslehrer und Politiker,
der auch den Wahlkampf und die Parlamentsarbeit der ersten Stunde kannte. Treskow zeichnet
auch den Wandel des Rotteckbildes im Verlauf der Geschichte nach: Als das Reich von 1871
installiert war und Preußens Stern strahlte, verblaßte der Glanz des süddeutschen Liberalen,
den seine Zeitgenossen geradezu schwärmerisch verehrt hatten. Rotteck gehörte übrigens

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