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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 102
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0104
Sitze eines Erzbisthums ein Mann Vorlesungen über Moral gehalten haben würde,
welcher vor wenigen Wochen seinem Priestereide abtrünnig geworden sey" Daher
habe er die notwendigen Maßregeln zum Schutze der katholischen Universität ergriffen
. Schreiber hatte jedoch die Vorlesungen keinesfells als Moraltheologe, sondern
als Angehöriger der philosophischen Fakultät angekündigt. Schwörer wollte aber den
Anschein erwecken, daß Schreiber theologische Vorlesungen ohne Lehrbefugnis gehalten
habe, Schreiber hielt seit dem Sommersemester 1837 auf Bitten des Dekans
Heinrich Joseph Wetzer in der philosophischen Fakultät Vorlesungen über Ethik, um
Vakanzen zu überbrücken und den offensichtlichen Bedarf decken zu helfen. Nicht
nur der Eindruck, daß die Ethikvorlesungen Schreibers Neuerungen wären, ist
falsch, sondern auch der Eindruck, er habe dies im Verborgenen getan, da bereits
1837 der Senat von der philosophischen Fakultät darüber informiert worden war.95
Vielmehr ist hier ein Anzeichen dafür zu sehen, daß sich das Verhältnis zwischen
katholischer Kirche und Großherzogtum gewandelt hat, wenn die Schreiberschen
Vorlesungen 1845 derart hochgespielt und zum Skandal werden konnten. Das Ordinariat
hatte schon früher beim Innenministerium Beschwerde eingelegt, daß Schreiber
in Bereichen ohne Lehrbefugnis lehre. Dabei wurde sicherlich nicht ganz zu unrecht
die Vermutung vortragen, Schreiber tue dies nur, um gegen seinen Nachfolger Hirscher
zu arbeiten. 1839 wurde die Beschwerde des Ordinariats aber noch eindeutig
und ohne Zögern vom Innenministerium zurückgewiesen.96

Doch zurück zu Schwörer, der andere Einschätzungen zum katholischen Charakter
der Universität als seine eigenen zu unwichtigen, individuellen Privatmeinungen erklärte
und sie zurückwies. Er verglich den Fall mit protestantischen Universitäten,
die nie einen Katholiken in ihren Reihen duldeten, Der Fall Schreiber sei jedoch noch
gravierender, da dieser nicht einmal einer ordentlichen Konfession, sondern einer
Sekte angehöre. Schreiber äußerte später in seinen Erinnerungen den Verdacht, daß
Schwörer zu seiner Suspension durch dem Ordinariat nahestehende Personen ermutigt
worden sei. Ohne diesen Verdacht beweisen zu können, spricht doch die späte
Reaktion der theologischen Fakultät und andere Verdachtsmomente für diese nicht zu
beweisende Vermutung.97

Der Kirchenhistoriker Peter Schleyer argumentierte in der Senatssitzung ähnlich
wie Schwörer, ging aber sogar noch einen Schritt weiter, indem er die Universität
als eine katholische Korporation bezeichnete, deren Charakter der Prorektor zu erhalten
habe. Der Mediziner Georg Ludwig Friedrich Stromeyer verwahrte sich heftig
gegen diese Behauptungen Schleyers. „Die Universität als solche sey nicht eine
katholische, sondern eine Universität, die eine katholische theologische Facultät
habe. Diese katholischen Sachen gehören also nicht hierher, sondern in die theologische
Facultät" Auch die vom Prorektor beanspruchte Dringlichkeit bestritt Stromeyer
, insbesondere in seinem Sondervotum. Seine Behauptung, Schreiber hätte bei
einer entsprechenden vorangegangenen Unterredung sicherlich seine Vorlesungsankündigungen
bis zu einer Entscheidung in Karlsruhe zurückgenommen, ist nicht unbedingt
von der Hand zu weisen. Schreiber hatte sich immer sofort den Karlsruher
Entscheidungen gebeugt, wenn er auch in der Sache immer völlig unnachgiebig war.
Stromeyer führte als Beweis für die Absurdität einer Suspension der Lehrbefugnis
aufgrund der Religionszugehörigkeit Beispiele von jüdischen Professoren an, deren

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