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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 176
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noch christlichen Bevölkerung überwiegend reformierten Bekenntnisses.17 Aus diesen
Zusammenhängen trennte sich alsbald eine Gruppe junger evangelisch-sozialer
Theologen aus der Schule Albrecht Ritschis und sammelten sich um die 1866 in Halle
gegründete Zeitschrift „Christliche Welt", deren Herausgeber Martin Rade ein
Schwager Friedrich Naumanns war.

Das Bild der um die Jahrhundertwende erfolgenden politischen Neugründungen ist
deswegen besonders unübersichtlich, weil diese oft auf Partei-Absplitterungen und
Fusionen beruhten; damit verschoben sich auch die politischen Zielsetzungen, was
sich wiederum in Namensneubildungen niederschlug, Geringer Mitgliederzahl wegen
verzichteten neue politische Bewegungen gelegentlich auf eine Konstituierung als
„Pärtei", traten aber dann durchaus als örtliche „Wahlvereine" an, so auch zu den
badischen Parlaments wählen.

Eine solche politische Gruppe war als Absplitterung von der Nationalliberalen Partei
der „Nationalsoziale Verein" Friedrich Naumanns.18 Es war „der gescheiterte
Versuch einer parteipolitischen Synthese von Nationalismus, Sozialismus und Liberalismus
"19 Es handelte sich dabei um eine linksliberale evangelische Gruppe, die
gegen die konservative christlich-soziale Bewegung Stöckers antrat. 1896 in Erfurt
gegründet und von Anfang an bis zu seiner Auflösung nach der Reichstagswahl 1903
von Pfarrer Friedrich Naumann geführt, durfte diese Partei als „eine neue sozialpolitisch
zeitgemäße Form des Nationalliberalismus" gelten.20 Ihr Organ war die Berliner
Zeitung „Die Zeit".

Naumanns politischer Grundgedanke war der einer nicht-marxistischen Arbeiterpartei
eines national-monarchistischen Sozialismus, Man warb „einerseits im Bürgertum
um Verständnis für eine aktive Sozialpolitik, andererseits um die Weckung des
nationalen Gedankens in der Arbeiterschaft."21 Wahlpolitisch blieb der Nationalsoziale
Verein, der sowohl 1898 als 1903 für den Reichstag zur Wahl antrat, ohne Erfolg
. Das führte unmittelbar nach der Wahl 1903 zu seiner Auflösung. So profilierte
Köpfe wie Gustav Stresemann, Max Weber, Theodor Heuss und Otto Nuschke hatten
hier zeitweilig ihre politische Heimat gefunden. Gründer des badischen Landes Vereins
, gelegentlich Wahlkreiskandidat, war der Hornberger (später Mannheimer) Pfarrer
Dr. Ernst Josef Lehmann22, der mit Naumann und Heuss befreundet und ein
Vetter von Walther Rathenau war.

Die Nationalsozialen gingen schließlich in der „Fortschrittlichen Völkspartei" auf,
die später mit der SPD koalierte. Aus Lehmanns „Mannheimer Arbeiterverein" entstand
1909 dort die „Völkskirchliche Vereinigung", von der über den linksprotestantischen
„Völkskirchenbund evang« Sozialisten" der Weg zur späteren Gründung der
„Religiösen Sozialisten" in Baden führte.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten so gut wie alle Parteien sich von den Gründungsideen
entfernt. „Vor allem die Liberalen vergaßen immer stärker ihre politisch
freiheitlichen Ideale und vertraten die Interessen von Industrie und Handel, während
die konservativen Gruppen immer einseitiger die Interessen der Landwirtschaft betonten
. Die Sozialdemokraten vertraten natürlich hauptsächlich die Interessen der Arbeiterschaft
. Das Zentrum, das in erster Linie durch konfessionelle Gesichtspunkte
zusammengehalten wurde, war die einzige große Partei, die alle sozialen Schichten
in sich vereinte und in ihrem Rahmen auszugleichen versuchte.....In immer stärke-

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