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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 177
(PDF, 35 MB)
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rem Maße machte sich der Einfluß materieller und berufsständischer Interessen bemerkbar
. Dem Klassenkampf von unten, der ja von Anfang an eine Art Abwehr gewesen
war, trat immer stärker der Klassenkampf von oben entgegen."23

d) Politische Interessenverbände

1867 war (in Süddeutschland unter Mitwirkung von Hugo Fürst zu Hohenlohe-Ohringen
) die „Reichs- und Freikonservative Partei" (RFKP) gegründet worden. Ihren Namen
hatte sie 1871 in „Deutsche Reichspartei" geändert, als solche hat sie bis 1918
bestanden. Als erster ihrer Bezirksverbände war 1907 in Freiburg von dem aus Ostpreußen
stammenden Historiker Professor Georg v. Below unter dem Namen
„Reichsparteilicher Verein" ein örtlicher Wahlverein konstituiert worden. Die Partei
war realpolitisch interessiert, den Interessen der Schwerindustrie zugewandt, insofern
auch Befürworterin der imperialistischen deutschen Flottenpolitik der Vorweltkriegszeit
; sie nahm nicht ohne Erfolg (24 Mandate) an der Reichstagswahl von 1907
teil. Konservativ eingestellt, hatte sie sich gegen Gedanken einer neuen Verfassungsreform
gewandt, die das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht wieder abzuändern
gedachten. Im übrigen war sie eine traditionelle „Honoratiorenpartei", „Offiziere
ohne Truppe"; die Partei tat sich mit einer breiten Organisation im Reich
schwer. Zeitweilig sympathisierte sie mit dem den Konservativen zuzuordnenden
„Bund der Landwirte" (BdL). Er war — 1893 gegründet — „die beherrschende agrarische
Interessenorganisation im wilhelminischen Reich", nachdem die in Preußen
existierenden bisherigen politischen Kampforganisationen der ostelbischen Großagrarier
zwar berüchtigt, aufs ganze gesehen sich aber eben nicht effizient erwiesen hat-
ten. Der Bund zeichnete sich aus durch „zunehmenden Appell an die Öffentlichkeit
und die Neigung zu nicht nur wirtschaftspolitischen, sondern gesamtpolitischen Interventionen
" in antisozialdemokratischer Aktionsfront. Der Bund — schnell eine
Massenorganisation geworden — war „von Anfang an auf die Bedürfnisse der Wahl-
kampffiihrung und Agitation hin" konzipiert, „von oben nach unten durchorganisiert
". Er stellte in den Wahljahren gelegentlich keine eigenen Kandidaten auf, sondern
„hielt sich an die von den Parteien aufgestellten Wahlkreiskandidaten, sofern
diese sich auf die Prinzipien des Bundes verpflichteten; . ..." Praktisch gab es „ein
für den Bund (der Landwirte) zwar nicht einklagbares, aber im Bewußtsein der Abgeordneten
nichtsdestoweniger bestehendes imperatives Mandat."24 Der BdL war es
unter den Vorkriegs-Interessenverbänden, „der einen ganz massiven Wahlterror zu
entfachen vermochte . .. und die allgemeine Politik beeinflußt hat bis hin zu Personalentscheidungen
, wie den Entlassungen Caprivis, Hohenlohes .... oder Bü-
lows."25

In Süddeutschland, wo die Verhältnisse anders lagen, gewann der BdL erst Bedeutung
, als die bei den bestehenden Bauernvereinen vorhandene Zielvorstellung eines
Bauernbundes zur Wahrung bäuerlicher Interessen und landwirtschaftlicher Selbsthilfe
am ehesten beim BdL verwirklichungsfähig zu sein schien. Die am Bodensee
und im Hegau in den achtziger Jahren um den Freiherrn Hermann v. Hornstein-Ho-
henstoffeln und andere Persönlichkeiten entstandene badische Agrarbewegung entging
durch den Anschluß an den BdL drohender Zersplitterung in Gruppen sehr verschiedenartiger
politischer oder konfessioneller Couleur.

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