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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 180
(PDF, 35 MB)
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Die Gegenseite reagierte entsprechend: Das Zentrum kandidierte nicht in allen
Wahlkreisen, forderte seine Wähler aber auf, entsprechend der zu erwartenden Erfolgsaussichten
da und dort die Kandidaten der Konservativen oder des Bundes der
Landwirte zu wählen.

Bei solcher Wahltaktik konnte es zu grotesken Situationen im Lande kommen. In
einigen, sog. „neutralen" Wahlkreisen wurde in der Stichwahl 1905 — trotz Großblockabkommens
— zwischen Liberalen und Sozialdemokraten ein eronterter Wahlkampf
mit aller Schärfe geführt; anderswo forderten die Parteileitungen der kleineren
Parteien ihre Wähler für verschiedene Wahlkreise zu geradezu diametraler Stimmabgabe
auf, hier so — dort so. Daß sich dabei als weiterer Uneinheitlichkeitsfaktor auch
noch regionale Persönlichkeitsdifferenzen auswirken konnten, hat der politischen
Verwirrung weiter Vorschub geleistet.

Die gesamte Entwicklung wurde weithin als Eklat empfunden und nicht nur aus
der Sicht der Kirchlich-Liberalen bedeutete die nationalliberale Entscheidung für das
Großblockabkommen, daß die Partei, bei der man sich seither zuhause wußte, sich
nun dem Lager der politischen Linken anzunähern begonnen hatte und mit ihm immerhin
taktische Gemeinsamkeiten zu praktizieren wußte: durch das Großblockabkommen
der Nationalliberalen schienen diese zwangsläufig zu einer Kirchenpolitik
gedrängt zu werden, die sich auf die evangelische Kirche schädlich auswirken müßte.
Das mußte Oppositionsgedanken wecken, — sie lagen ohnehin schon länger in der
Luft.

Die Nationalliberalen hatten schon bei der Landtagswahl 1891 nach 20 Jahren unangefochtener
Wahlerfolge zum ersten Mal beträchtliche Einbußen zu verzeichnen
gehabt. Sie waren bei 63 zu vergebenden Mandaten nunmehr von 52 Sitzen (1871) auf
32 (1891) geschrumpft. Immerhin ergab sich bei der Teilerneuerungswahl von 1893
(Wiederbesetzung von 32 Sitzen) noch einmal eine hauchdünne absolute Mehrheit,
aber der Abwärtstrend hielt an.

In der „Freiburger Zeitung" erschien nach der Wahl von 1891 ein Kommentar des
Wahlergebnisses aus der Feder eines ^auswärtigen Unparteiischen" — die Zeitung
druckt den Artikel ab, ohne sich erklärtermaßen mit allen Einzelheiten identifizieren
zu können* Tendenz des Artikels ist: aufs neue bestätige sich die Tatsache, daß „der
Nationalliberalismus im Niedergang begriffen" sei.30

b) Innerkirchliche Diskussion um die politische Heimat der

Kirchlich-Liberalen

Nicht erst die Blockpolitik der Nationalliberalen hatte in kirchlich-evangelischen
Kreisen die Frage nach einer besseren Vertretung ihrer Sache in der badischen
II. Kammer aufkommen lassen. Schon in den siebziger Jahren war von den Kirchlich-
Liberalen religiöse Gleichgültigkeit und kirchliche Indolenz bei den politisch-liberalen
Parteifreunden beklagt worden. Die Oppositionsbewegung kam auch weiterhin
nicht aus heiterem HimmeL Es hatte im Vorfeld bereits Entwicklungen gegeben, die
auslösende Funktion bekommen hatten. Der Unmut im kirchlich-liberalen Lager
über gewisse Vorgänge der Jahre 1875 und 1879 hatte sich in ungewohnt scharfer
Form öffentlich Luft gemacht.31
Anderes Aufbegehren kam aus einer anderen Himmelsrichtung. Kurz vor der Jahr-

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