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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 181
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0183
hundertwende war in der Politischen Korrespondenz der „Preußischen Jahrbücher"
ein Artikel erschienen, in dem ein „badischer Geistlicher" anonym „im Einvernehmen
mit einer größeren Zahl von Amtsbrüdern" die Position der evangelischen Pfarrerschaft
in Baden beschreibt, für die „mehr und mehr die sozialen Fragen in den
Vordergrund" des politischen Interesses träten, während die Nationalliberalen nur
nach Umsturzgesetzen gegen die Sozialdemokraten geschrien hätten. Solange die
„aktuelle sozialpolitische Weisheit der nationalliberalen Presse nur in einer ...
Züchtung von Unternehmerterrorismus bestehe, würde von einer Neuknüpfung des
früheren Bandes zwischen der badischen Geistlichkeit und der nationalliberalen Partei
gewiß keine Rede sein können " So stellt der Artikel Schreiber abschließend „eine
offenkundige öffentliche Abwendung der badischen evangelischen Geistlichkeit ...
von der nationalliberalen Partei" fest.32

Gewiß ist diese Stellungnahme durch das Hervortreten der Evangelisch-sozialen
Vereinigung im Zuge der Stöcker-Naumann-Rade-Bewegung ausgelöst worden; sie
stellt aber immerhin eine andere Facette der politischen Entfremdung evangelischer
Kreise vom Nationalliberalismus dar, der zu dieser Zeit seine Kammermehrheit bereits
verloren hatte,

Besonders in Kreisen junger Pfarrer, die politische Vereinigungen gegründet hatten
und sich die soziale Verantwortung der Christen angelegen sein ließen, fielen solche
Gedanken auf fruchtbaren Boden. „Badische Pfarrerpolitik" war weiterhin ein
Thema, das in den betroffenen Kreisen leidenschaftlich diskutiert wurde.33 Dabei
wurde früh deutlich, daß der protestantische Sozialliberalismus in einer linken Komponente
zum (religiösen) Sozialismus und politisch zur Sozialdemokratie hin und in
einer rechten Komponente über den Freikonservativismus zu den Deutschnationalen
hin aufgebrochen war.34 War doch der von Lehmann gegründete und bis 1903 in Baden
von ihm geführte Nationalsoziale Verein eine linksliberale Bewegung, während
Karls freikonservativer Ansatz zu einer „Evangelischen Völkspartei" national-konservativer
Prägung hin tendierte. So steht Pfarrer Lehmann, Hornberg, für die erstere
Entwicklungslinie und Pfarrer Karl, Freiburg, für die zweite.

IV. Pfarrer Karls Intention und Agitation

Im November 1908 erschien anonym35 aus Karls Feder eine Druckschrift mit dem
Titel: „Bekenntnisse eines kirchlich-liberalen und bisher national-liberalen Pfarrers.
Unsere zukünftige Politik." (Abb. 3) Darin begründet Karl seinen zentralen Satz „Die
Ernte ist reif, die Nationalliberalen müssen feilen" mit dem wiederholt vorgetragenen
Hinweis darauf, daß die bisher von ihm selbst favorisierte und aktiv unterstützte Partei
sich durch ihre Blockpolitik mehr und mehr nach links entwickle, die Sache der
evangelischen Wähler im Parlament nicht vertrete und gemeinchristliche Grundsätze
aufgebe.

Karls Forderungen sind im Frühjahr 1909 in der Zentrumspresse, z. B. im „Freiburger
Boten" vom IL März 1909 als Programm der „neuen Bewegung" umrissen
worden. Die Karische Broschüre nennt folgende Programmpunkte:
— „sie will Freiheit des Religions- und Konfirmandenunterrichts, unbeengt vom sonstigen
Lehrplan,

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