Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 188
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0190
gen! Wenn aber der Großblock neu geboren wird, dann wird auch der Liberalismus
aufs neue an den Triumphwagen des Radikalismus gespannt sein. Und dann wird der
Weg nicht nach rechts, sondern nach links gehen. Es ist doch im letzten Großblock-
Landtag schon dahin gegangen. , . "

Auf dem Höhepunkt seiner Ausführungen führt Karl weiter aus: „Ich will nur einige
wenige Punkte herausgreifen:

— die drei konfessionellen Lehrerseminare sollten schon damals simultanisiert werden
. , ., dem Zentrum verdanken wir die Erhaltung der evangelischen Anstalt.

— Im liberalen Oberschulrat ist stillschweigend die Parole ausgegeben worden, kein
Theologe darf mehr Direktor werden, nicht einmal am konfessionellen Lehrerseminar
, Ein Direktor darf ausgesprochener Gottesleugner sein, Er darf aber nicht
Theologe sein. Das ist ungeheuerlich, das bedeutet nicht nur eine Trennung von
Staat und Kirche, sondern, was schlimmer ist, von Staat und Religion. Das ist
schon eine Art Verfemung der Religion im höheren Schulwesen.

Das ist das Gefahrliche an der liberalen Parteiführung, daß man sie an ihren Worten
nicht deutlich fassen kann. Wenn man aber die Taten sieht, so muß man sagen: die
Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände"59 Soweit der „Originalton
" Karl.

c) Einflüsse von außerhalb auf den badischen Landtagswahlkampf

Der badische Landtagswahlkampf geriet, je näher der Oktoberwahltermin kam, für
die Stimmung der Wählerschaft mehr und mehr in den Sog der großen Politik des
Reiches, wie das auch heute zu gehen pflegt, wenn die großen Themen der Nation
die Relevanz der Wahlthematik in der Provinz (der Länder) zu überlagern beginnen.
Brisantes Thema der Reichspolitik war 1909 zeitgleich die Reichsfinanzreform, die
Zentrum und Konservative im Reichstag durchgesetzt hatten. Diese galt bei der Wählerschaft
weitgehend als „volksfeindlich", da ihre Instrumente Verbrauchssteuern,
also Besteuerung von Lebens- und Genußmitteln waren. Da damit Bier, Branntwein,
Tabak, Kaffee, Tee, auch Zündhölzer u. a. darunterfielen, hatte die Reform beim kleinen
Mann Mißmut bis Erbitterung erregt.

Nachdem Karls „freikonservative" Kandidatur im Wahlkreis Schwetzingen ab September
1909 nicht mehr nur publizistisch, sondern auf Beschluß der Vertrauensmännerversammlung
der Zentrumspartei nun auch offiziell „mit allen Kräften" unterstützt
werden sollte60 — was bei seinen Gegnern an sich schon Anlaß genug zu
Spott und Hohn war61 —, bekamen Karl und seine regionalen Anhänger den Unmut
der Landbevölkerung massiv zu spüren. War an den Stammtischen im ganzen Lande
mehr oder minder drohend von der kommenden „Zündhölzle-Wahl" im Herbst die
Rede, so wirkte sich die Gegnerschaft zu dem im Reichstag zur Mehrheit gelangten
schwarz-blauen „Schnapsblock" (Konservative und Zentrum) im Wahlkreis Schwetzingen
dahingehend aus, daß z. B. die Wirte von Neulußheim den Karlisten (als Anhängern
des freikonservativen Kandidaten) ihre Säle zur Abhaltung einer Wahlversammlung
verweigerten; sie wollten damit einen Boykott ihrer Lokale durch die
einheimische Bevölkerung vermeiden, die größtenteils im Tabakanbau und seiner
Vermarktung tätig war und nun teilweise „brotlos" zu werden drohe.62 Davon
konnte wiederum der sozialdemokratische Wahlkreiskandidat Kahn profitieren, der

188


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0190