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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 189
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seinerseits Expedient in der tabakverarbeitenden Branche war. Ein lokaler Einzelvorgang
, der die allgemeine Feststellung belegt, daß der Wahlerfolg der SPD in Baden
hernach „kaum ihrem eigenen Programm zu verdanken war", sondern sie ihn „aus
der Unmutswelle" schöpfte, „die die Reichsfinanzreform erregt hatte"63

Der Wahlkampfstil im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts mutet ohnehin einerseits
rustikal und andererseits stark ideologisiert an. Schon 1905 hatte man von konservativer
Seite der jungen Arbeiterbewegung das Etikett einer „glaubens- und vaterlandslosen
, Throne stürzenden Sozialdemokratie" angehängt.64 Man ging auch 1909
und später nicht gerade zimperlich miteinander um. Da war die Rede

— von einem „politischen Freibeuterzug", wenn man die Sympathisanten Karls speziell
unter den Pfarrern meinte,65

— vom „kirchenfeindlichen Großblock", der die Liberalen in der Kulturpolitik nach
links dränge,66

— von der „Janitscharentruppe der Revolutionspartei", wenn man die Nationalliberalen
als Großblockpartei treffen wollte.67

Das mochte noch angehen, aber schließlich wurde man „persönlich":

— im Zentrum der Angriffe: „der Knabe Don Karl", angeblich „Schützling und Statist
der Zentrumspartei";68

— ihn nannte selbst sein spezieller Kontrahent: „Drahtpuppe des Zentrums";69

— man sprach vom „liberalen Trauerspiel der 'Klein'-mütigen in Schwetzingen."70

— einem kirchlichen Kommentator wurde im Blick auf den Freiburger Wahlkampfauftakt
und die nachfolgenden Querelen angeblich „uibel". . ,71 u.a.m.

Aktive Anhänger Karls hatten zwei allerdings kurzlebige Presseorgane des Karlismus
gegründet, die im wesentlichen in der Pfalz Leser fanden. In Hockenheim erschien
mit nur zehn Nummern insgesamt die „Neue badische Rundschau", von Oftersheim
aus redigiert der „Bote aus Kurpfalz".

Der „Bote" bediente sich gern einer überaus kleinbürgerlich-volkstümelnden
Schreibweise, die auf das Gehör des einfachen Mannes vom Land angelegt war, wenn
er z. B. fiktive Personen, den „Nachbarn" und den „Vetter" in seinen Spalten miteinander
politisieren ließ. Eben diese journalistische Konstruktion erwies sich bald als
Plagiat der Zentrumspresse, in der Dr. Josef Schofer, später Wackers Nachfolger als
Parteichef des badischen Zentrums, in seinem „Politischen Waldmichel" politisierende
Plaudereien halten ließ,72 übrigens wesentlich ansprechender, origineller und
effizienter als der „Bote aus Kurpfalz" das vermochte. Wohl deswegen, aber auch
durchaus demagogisch-politischer Ausfalle wegen ist der „Bote" als „Kaplanspresse"
abqualifiziert und bis in die badische Kirchenleitung hinein gelegentlich als unseriös
empfunden worden.73

d) Der Wahlentscheidung entgegen

Bis zur Jahresmitte 1909 waren die jeweiligen Wahlziele klar abgesteckt und die vorläufigen
, für die Hauptwahl konzipierten Blockbildungen — wenn auch nach erheblichen
Kontroversen auf liberaler Seite — einigermaßen perfekt. Es standen sich gegenüber:

— der liberale Kleinblock (ähnlich 1905),

— der Rechtsblock aus Zentrum, Konservativen und Bund der Landwirte,

— die Sozialdemokratie.74

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