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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 199
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Monaten in Wort und Schrift auf die Gefahren, die unserer evangelischen Kirche
durch die liberale Kammermehrheit drohen, hingewiesen hat — Pfarrer Karl."100
Auch die Verleihung des Titels Kirchenrat im letzten Jahr seines Pfarrdienstes läßt
auf kirchenobrigkeitliche Anerkennung schließen.

Zwei kirchliche Kommentatoren kommen zur Frage der Einschätzung der Karischen
Aktivitäten durch die Kirchenleitung zu verschiedenen Ergebnissen. Während
Ernst Lehmann dafür hält, daß Karls Landtagskandidatur bei der Kirchenregierung
„als die ihrige empf unden worden" sei und sie sich über Karls Fernziel, „des auf dem
Marsch befindlichen evangelischen Zentrums"101 gefreut habe, widersprach hier
Helbings Biograph, Otto Frommel, ausdrücklich und hält Lehmanns Auffassung, daß
Helbing für den Karlismus Partei ergriffen hätte, für eine „falsche Konstruktion".
„Politischer Betätigung der Geistlichen stand er (Helbing) kühl? ja ablehnend gegenüber
" 102 Es war die Problematik der so oft beschworenen Pfarrerpolitik, die Helbings
wohlwollende Zurückhaltung Karl gegenüber begründet hat.

Unter Karls Amtsbrüdern war es nicht anders; zwei alte Bekannte unter ihnen, die
Karls Weg kritisch begleitet haben und entschlossen eigene politische Wege gegangen
sind, haben bei aller Distanz Karls Wollen doch ernst genommen und ihm Respekt
bezeugt. R. A. Wielandt schreibt in einem Artikel „Der politische Liberalismus und
die Religion" bei aller Auseinandersetzung in der Suche nach vertretbaren Positionen
: „Ausdrücklich gedenke ich hier auch Karls. Er weiß, wie ich seine Absicht, unserer
evangelischen Sache zu dienen, durch und durch anerkenne, auch wenn ich
seine Wege nicht für richtig halte ",03 Ernst Lehmann, der sich 1919 Gedanken über
den Aufbau der Volkskirche macht, konzediert der „karlistischen Aktion" bei sonst
schlechter Benotung ihrer Endergebnisse immerhin: „Der Karlismus hat, als er auftauchte
, viel Leben in die badische Landeskirche gebracht. Er ist lange Zeit eine
wirkliche Bewegung im Lande geblieben, an der sich die Geister orientiert und geschieden
haben."104

Schließlich: Die Betrachtung des badischen Landtagswahljahres 1909 läßt teilhaben
an den Versuchen der Umsetzung der politischen und kirchenpolitischen
Ideen des späten Wilhelminischen Zeitalters in die vordergründigen politischen und
kirchenpolitischen Realitäten im Lande. Geht es dabei doch um die Relation zwischen
der großen politischen Bühne der ausgehenden Bülow-Epoche des Deutschen
Reiches und der politischen wie kirchenpolitischen Szene des Großherzogtums im
Südwesten.

Karl ist durch die politische Großwetterlage (Reichsfinanzreform) und die Groß-
blockpolitik in Baden um den Wahlerfolg gebracht worden. Diese letztere, die
manchmal — wie oben beschrieben — geradezu abenteuerliche Züge angenommen
hatte, hat als bedeutsame Nebenfrucht der Sozialdemokratie eine enorme Aufwertung
gebracht: „Wenn nach diesem Abkommen Tausende von liberalen Wählern aufgefordert
wurden, für die sozialdemokratischen Kandidaten zu stimmen, so konnte diese
Partei für die Bevölkerung nicht mehr die Gefahr bergen, die man bisher immer in
ihr gesehen hatte." 105 Die Arbeiterbewegung war damit auf dem Wege „salonfähig"
zu werden.

Mit Händen zu greifen ist das Herüberwirken der Gedanken und Bewegungen, die
auf der Ebene des Reiches ihren Ausgang nahmen und mit Namen wie Naumann,

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