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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 208
(PDF, 35 MB)
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der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt wurden, und die den juristischen Hintergrund
der Verhaftungswelle insbesondere gegen Kommunisten bildete. Weiter
waren die Sondergerichte auch für Vergehen nach der sogenannten „Heimtückever-
Ordnung" zuständig. Diese ebenfalls auf Grundlage des Artikels 48 verabschiedete
„Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die
Regierung der nationalen Erhebung. Vom 21. März 1933" (RGBL 1933 I, S. 135)
stellte u.a. Behauptungen, die geeignet seien, „das Wohl des Reichs oder eines Landes
oder das Ansehen der Reichsregierung oder einer Landesregierung oder der hinter
diesen Regierungen stehenden Parteien oder Verbände schwer zu schädigen",
unter Strafe. Eineinhalb Jahre später, am 20, 12. 1934, wurde die „Heimtückeverordnung
" unter Verschärfung der Strafandrohung — es konnte nun auch auf Todesstrafe
erkannt werden — in Gesetzesform umgegossen. Das neue Gesetz trug den bezeichnenden
Titel (RGBL 1934 I, S. 1269): „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf
Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen."

Schwere politische Delikte wie Landes- und Hochverrat fielen nicht in die Zuständigkeit
der Sondergerichte. Die Ahndung dieser Delikte blieb den Strafsenaten einzelner
Oberlandesgerichte bzw. dem Reichsgericht, später dem Volksgerichtshof,
vorbehalten.

Die „Heimtückeverordnung" und die Verordnung zur Bildung von Sondergerichten
wurden am gleichen Tag beschlossen. Ihr Zusammenhang sollte auch in den nächsten
Jahren deutlich werden: In der Vorkriegszeit beschäftigten sich die Sondergerichte
hauptsächlich mit sogenannten „Heimtücke"~Verfahren, Zehntausende wurden wegen
Unmutsäußerungen und — tatsächlichen oder vermeintlichen — Oppositionsmeinungen
abgeurteilt.4 Allein vor dem Münchner Sondergericht waren rund 4.500 Verfahren
— im wesentlichen wegen „Heimtücke"-Vergehen — anhängig.5

Zu besetzen war das Sondergericht mit drei Berufsrichtern, einem Vorsitzer und
zwei Beisitzern. Als Vorsitzende und Stellvertreter sollten nach Möglichkeit Landgerichtsdirektoren
bestellt werden.6 Anfänglich erfolgte die Berufung durch die jeweiligen
Landgerichtspräsidenten, ab 1937 durch den Oberlandesgerichtspräsidenten.
Seit August 1942 konnten auch an Sondergerichten Entscheidungen von Einzelrichtern
gefallt werden.

Eines förmlichen Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens bedurfte es
nicht. Ebensowenig war eine gerichtliche Voruntersuchung vorgesehen. Auch eine
mündliche Verhandlung über den Haftbefehl entfiel. Nach § 13 der Verordnung zur
Bildung der Sondergerichte konnte das Gericht Beweisanträge der Verteidigung ablehnen
, „wenn es die Überzeugung gewonnen hat, daß die Beweiserhebung für die
Aufklärung der Sache nicht erforderlich ist".

Eine besonders einschneidende Bestimmung stellte der § 16 (1) der Verordnung dar:
„Gegen Entscheidungen der Sondergerichte ist kein Rechtsmittel zulässig." Zwar war
die Wiederaufnahme des Verfahrens unter bestimmten Umständen möglich, jedoch
blieb dies eine Überlegung von eher theoretischer Natur, zumal dieselbe Kammer
über den Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden hatte. Dem 1939 eingeführten
„außerordentlichen Einspruch" kam eine ebenfalls quantitativ geringe Bedeutung zu.
Er diente dem Regime vor allem der nachträglichen Straf Verschärfung. Das einzig
nennenswerte Mittel der Urteilskorrektur bestand in der „Nichtigkeitsbeschwerde"

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