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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 215
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0217
Am 9. Mai 1941 hebt das Reichsgericht das Urteil des Sondergerichts Freiburg „im
Strafmaß" auf:

„Das Sondergericht hat bei der Prüfung der Frage, ob ein besonders schwerer Fall
im Sinne des § 2 der Volksschädlingsverordnung vorliegt, nur auf die Tat als solche
abgestellt. Darin liegt ein Rechtsfehler. Die Außerachtlassung der Persönlichkeit des
Täters läßt es als möglich erscheinen, daß das Sondergericht sich nicht klargemacht
hat, welche entscheidende Bedeutung gerade der Gesamtpersönlichkeit des Täters für
die Prüfung der Frage zukommt, ob ein besonders schwerer Fall nach dem § 2 der
Volksschädlingsverordnung gegeben ist .. . In besonders schweren Fällen ist . .. nur
die Todesstrafe zulässig . . . Die Gesamtpersönlichkeit des Täters läßt die Annahme
eines besonders schweren Falles geboten erscheinen." (Unterstreichungen wie im
Original, der Verf.)

Die Zurückverweisung und die Neuverhandlung am 20. Juni 1941 erbringen das gewünschte
Ergebnis: die Todesstrafe. Dabei wird dem Verurteilten nicht der Diebstahl
an sich, sondern der Tatort, besagter Luftschutzkeller des Museums, oder besser gesagt
der § 2 der Volksschädlingsverordnung zum Verhängnis. Er lautet (RGBL 1939
I, S. 1679): „Verbrechen bei Fliegergefahr, Wer unter Ausnutzung der zur Abwehr
von Fliegergefahr getroffenen Maßnahmen ein Verbrechen oder Vergehen gegen Leib,
Leben oder Eigentum begeht, wird mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren oder mit lebenslangem
Zuchthaus, in besonders schweren Fällen mit dem Tode bestraft." Auf Grundlage
dieses Paragraphen verhängt das Sondergericht die Todesstrafe:

„Die Tat ist ein Verbrechen nach ... § 2 der Verordnung gegen Volksschädlinge
vom 5.9,1939 ... Das Gericht hielt ferner für erwiesen, daß der Angeklagte bewußt
und gewollt den Einbruchsdiebstahl im Rückfall unter Ausnutzung der zur Abwehr
von Fliegergefahr getroffenen Maßnahme begangen hat und damit als Volksschädling
im Sinne des § der Verordnung gegen Volksschädlinge vom 5. 9. 1939 zu bestrafen
ist."

Während im Urteil noch die Verordnung zitiert wird und von einem „gefährlichen
Gewohnheitsverbrecher" die Rede ist, findet der Vorsitzer, Landgerichtsdirektor Dr.
O., in seiner Stellungnahme zur Gnadenfrage noch am gleichen Tage eine andere
Sprache:

„Der Unwert der Persönlichkeit des Verurteilten ist derart ins Auge fallend, daß
er aus der Volksgemeinschaft ausgemerzt werden sollte "

Noch scheint es Widerstand gegen derartige Urteile zu geben, einer der drei Richter
spricht sich für eine Begnadigung aus, der Rechtsanwalt des Verurteilten reicht
ein vierseitiges Gnadengesuch ein, und doch wird bereits Politik mit dem Urteil gemacht
. Am 21. Juni, einen Tag nach dem Urteilspruch, meldet der „Alemanne", das
Regionalblatt der NSDAP, „das Ende eines Volksschädlings". Der Oberstaatsanwalt
besteilt am 19. Juli in einer Verfügung 150 Plakate zur Bekanntgabe der Hinrichtung,
von denen 120 an die Städtische Plakatanstalt zum Plakatieren gehen.37 Und im amtlichen
Einwohnerbuch der Stadt Freiburg im Breisgau des Jahres 1942, unter der
Rubrik Zeittafel der Stadt Freiburg i, Br.? Freiburg unter nationalsozialistischer Führung
, S. 18, ist zu lesen: „Erstes Todesurteil des Freiburger Sondergerichts über den
Museumsdieb August U.. . (hingerichtet am 19. Juli) 2L Juni 1941."

Der Boden für die Verhängung weiterer Todesurteile ist bereitet.

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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0217