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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 221
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0223
Die propagandistische Nutzung der ergangenen Urteile

und der vollstreckten Strafen

„Die Justiz und ihr Geschäft eignen sich weder zur Reklame noch zur Sensation. Ich
bin der Meinung, die Strafrechtsprechung im Kriege ist eine so besonders ernste Angelegenheit
, daß Würde und Ernst dabei gar nicht genug in die Erscheinung treten
können", so der deutschnationale Reichsjustizminister Gürtner auf einer Tagung der
Sondergerichtsvorsitzenden und Sachbearbeiter für Sondergerichtstrafsachen am 24.
Oktober 1939 in Berlin im Hinblick auf die Presseberichterstattung.57 Zu diesem
Zeitpunkt waren seine Worte bereits von der Pressewirklichkeit überholt: Immer häufiger
waren Berichte zu lesen wie „Volksschädlinge ausgemerzt" oder „Plünderer
hingerichtet". Bereits 1934 hatte das Propagandaministerium angeordnet: „Bei
schweren politischen Verbrechen soll das Gerichtsurteil nicht in der Form wiedergegeben
werden; der Arbeiter X oder der Dreher Y ist zum Tode verurteilt worden,
sondern es soll immer der strafbare Tatbestand genannt werden: Der Mörder X oder
der Brandstifter Y wurden verurteilt".58 Aber nicht nur ergangene Urteile wurden
propagandistisch ausgeschlachtet, auch die Gerichtsverhandlung selbst wurde zum
Gegenstand der Propaganda, insbesondere dann, wenn sie nach Art von Schnell- oder
Schauprozessen abgehalten wurde. In der Praxis hieß dies: Das Sondergericht tagte
nicht im üblichen Gerichtsgebäude, es zog vor Ort, und es wurden eigens Hörerkarten
ausgegeben.

Die Bekanntgabe der Hinrichtungen von Verurteilten erfolgte neben Pressemitteilungen
auch über blutrot leuchtende, ins Auge stechende Plakate. Für die öffentliche
Bekanntmachung der Strafvollstreckungen waren die Staatsanwaltschaften zuständig.
Welche Ermessensspielräume ihnen dabei seitens des Reichsjustizministeriums eingeräumt
wurden, ist aus den Urteilsarchivalien nicht zu ersehen. In einigen Fällen
liegen jedoch klar umrissene Anweisungen vor, die auch eine Untersagung der Bekanntmachung
beinhalten konnten. In einem Bremer Fall, in dem die Bekanntgabe
der Hinrichtung von vier wegen „Verdunkelungsdiebstählen" zum Tode verurteilten
französischen „Fremdarbeitern" untersagt wurde, beschwerte sich der Sondergerichtsvorsitzende
beim Landgerichtspräsidenten: „Diese Anordnung ist nicht verständlich
. Anerkanntermaßen ist der Hauptzweck, der mit dem Erlaß und der Vollstreckung
derartiger Urteile verfolgt wird — und in der heutigen Kriegszeit mit Recht
verfolgt werden muß — die Abschreckung gleichgesinnter Elemente von ähnlichen
Straftaten. Dieser Zweck kann nur erreicht werden durch weitestmögliche Verbreitung
der durchgeführten Vollstreckung gerade in den beteiligten Kreisen .. . Aber
auch die deutsche Öffentlichkeit in Bremen, insbesondere die von den damaligen
zahlreichen Einbrüchen besonders betroffene Geschäftswelt, hat ein Interesse daran
zu erfahren, daß die Justiz gegen derartige Elemente .. . rücksichtslos vorgeht. Mit
einer Verschweigetaktik, wie sie hier vom Ministerium angeordnet wird, wird das
Gegenteil erreicht .. "59

In etwa zwei Dritteln der untersuchten Urteilsakten finden sich verwertbare Angaben
zur Plakatierungspraxis. Die Hinrichtung des ersten vom Freiburger Sondergericht
zum Tode Verurteilten, des „Museumsdiebes" U., wurde mittels 150 Plakaten

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