Freiburger historische Bestände - digital

Buchbesprechungen

Handbuch der Baden-Württembergisehen Geschichte. Zweiter Band: Die Territorien im Alten
Reich. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg
hrsg. von meinrad schaab und Hansmartin Schwarzmaier in Verbindung mit Dieter
Mertens und Volker Press (f). Redaktion: Michael Klein (Veröffentlichung der Kommission
für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg XXV). Verlag Klett-Cotta, Stuttgart
1995. 907 S.

Eine Enttäuschung vorweg: Der Beitrag zu Vorderösterreich, auf den gerade die Leser dieser
Zeitschrift mit Spannung gewartet haben, fehlt und soll in einem späteren Band nachgetragen
werden. Von diesem Mangel abgesehen, wird der Band den mit Bd. 3 (vgl. Schau-ins-Land
113 [1994] S. 183 f.) geweckten Erwartungen gerecht. 34 Autoren untersuchen die Entwicklung
von Territorien im heutigen Bundesland vom Hochmittelalter bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts
. Zwei Fünftel des Textteiles entfallen auf Württemberg, Baden und die Kurpfalz, weit
mehr als die Hälfte ist also den zahlreichen kleineren, gelegentlich nur noch dem Fachmann
bekannten Herrschaften gewidmet: Hochstifte, Fürstabteien, geistliche Ritterorden. Reichsstädte
, Reichsritterschaft haben das kulturelle Leben des Landes und seine gesellschaftliche
Vielfalt bis auf den heutigen Tag geprägt. Ausführlich gewürdigt werden — wie schon im
Historischen Atlas von Baden-Württemberg — auch Territorien, deren Zentrum außerhalb des
heutigen Bundeslandes lag (z.B. Hochstift Straßburg und Reichsstadt Rothenburg o.d.T.),
Rückblenden — z.B. in die spätantike Kirchengeschichte — sorgen für Tiefenschärfe, Ausblicke
z. B. im Zusammenhang mit württembergischem Besitz in Burgund für die Einbindung
in europäische Zusammenhänge.

Wiederholungen und Überschneidungen lassen sich bei einem solchen Werk wohl nicht vermeiden
. So werden zentrale Themen — etwa Aufbau territorialer Herrschaft, Durchsetzung
der Reformation, Kriege im 17. und 18. Jahrhundert — mehrfach unter den großen Territorien
erörtert. An anderer Stelle hat man zunächst Uberblicke gegeben^ was der Benutzer des Handbuches
zu schätzen weiß: Bevor Fürstabteien und Reichsprälatenklöster sowie Reichsstädte
einzeln vorgestellt werden, zeigen die Autoren Kontinuitäten. Gemeinsamkeiten und Unterschiede
auf; die Darstellung gewinnt dadurch an Griffigkeit, und man kann einzelne Angaben
— z.B. die gerade 511 Untertanen von Beuron im Jahre 1802 — leichter in größere Zusammenhänge
einordnen. Anders als in Band 3 ist der Wirtschafts- und Sozialgeschichte kein eigenes
Kapitel gewidmet, was zu weiteren Wiederholungen zwingt; dem für Band 5 vorgesehenen Register
kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Es sollte auch Archidiakon, Auswanderung,
Bauernkrieg, Bevölkerungsentwicklung, Bildungswesen, Chorbischof, Doppelkloster, Hexen,
Juden, Landwirtschaft, Leibeigenschaft, Säkularisierung, Simultaneum, Stadt, Visitation ausweisen
; die Stichworte mögen eine Ahnung von der inhaltlichen Vielfalt auch dieses Bandes
vermitteln.

Die Autoren haben Schneisen durch schier überwältigende Massen von Quellen und nicht
minder abschreckende Fluten wissenschaftlicher Literatur geschlagen. Besonders verdienstvoll
ist es, daß sie jeweils auch die Historiographie berücksichtigt haben und daß sich für ausgesprochen
dornige Themen — z. B. die Reichsritterschaft — kompetente Autoren bereitgefunden
haben. Norbert Ohler

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