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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 236
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0238
schränkten die Erfolgsmöglichkeiten stark ein. Dagegen waren die josephinisehen Reformen
in ihren konkreten sozialen Auswirkungen wesentlich folgenreicher. Sie unterschieden sich
von denjenigen der theresianisehen Zeit zuerst durch die harte Konsequenz und Zielstrebigkeit
, mit der sie durchgesetzt wurden. Gleichzeitig zeichnete sich eine qualitative Verschiebung
ab. Das Motiv der Armenversorgung wurde immer mehr durch das armenpolitische Motiv
der Beseitigung des Müßiggangs in den Hintergrund gedrängt, d.h. anstelle der
Versorgung trat die Sozialdisziplinierung in den Vordergrund. Das wurde in der Institution des
Zucht- und Arbeitshauses deutlich. Ursprünglich als ein Mittel zur Arbeitsbeschaffung eingesetzt
, nahm es zunehmend den Charakter einer Strafanstalt an und wurde zu einem wichtigen
Mittel sozialer Disziplinierung.

Die Reformen des Armenwesens scheiterten zwar weitgehend, doch sie blieben nicht folgenlos
, wie der Autor am Schluß betont. Ihr Scheitern hatte ein tiefes Mißtrauen gegenüber
staatlichen und administrativen Eingriffen in das Armenwesen hervorgerufen und die Haltung
in sozialen Fragen entscheidend mitgeprägt. Auch die weitgehende Abstinenz des Staats im
sozialen Bereich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet damit eine überzeugende Erklärung
.

A. Klein hat zu diesem speziellen Themenkreis ein äußerst lesenswertes Buch vorgelegt,
dessen sachlicher und etwas trockener Stil zunächst abschrecken mag; aber nach wiederholter
Lektüre erschließt sich dem Leser der inhaltliche und gedankliche Reichtum des Buches.

Willy Schulze

monika Spicker-Beck, Räuber, Mordbrenner, umschweifendes Gesind. Zur Kriminalität im
16. Jahrhundert. (Rombach Wissenschaft — Reihe Historiae 8). Verlag Rombach, Freiburg
1995. 400 S., Abb.

Wenn die Bezeichnung „Mordbrenner" auch veraltet ist, hat sie doch nichts an Verständlichkeit
eingebüßt. In der frühen Neuzeit bezeichnete man damit besonders brutale Straftäter, die in
Banden umherzogen und von Raub lebten und auf Bestellung Brände legten. In Chroniken,
Flugblättern und Gerichtsprotokollen sind ihre Taten dokumentiert. Monika Spicker-Beck
machte die Räuber und Mordbrenner, die im 16. Jahrhundert Südwestdeutschland in Angst und
Schrecken versetzten, zum Gegenstand einer historischen Untersuchung. In 13 Stadt- und 5
Staatsarchiven hat sie Material erhoben. Die mühsame Quellensuche und das Geduldspiel des
Entzifferns der alten Handschriften lohnte sich. Über 600 Bandenmitglieder konnte sie namentlich
erfassen, vor allem aber fand sie höchst aussagekräftige Textbelege: Geständnisprotokolle,
worin das ganze Spektrum der Kriminalität des 16, Jahrhunderts im Originalton zur Sprache
kommt: Mord, Brandstiftung, Diebstahl, Falschspiel, Falschmünzerei und Sexualdelikte.

Bei der quantitativen und qualitativen Auswertung des Materials ergab sich, daß über ein
Drittel der nichtseßhaften Bandenmitglieder ehemalige Landsknechte waren; unter den Opfern
von räuberischen Überfallen erwiesen sich Handwerker, Bauern und Kaufleute als die
Meistbetroffenen. Monika Spicker-Beck stellt einen Zusammenhang her zwischen den gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen und dem Abgleiten in Armut, Bettel und
NichtSeßhaftigkeit. Auch die Praxis, Straffällige des Landes zu verweisen, reiht sie in die
breite Mette der Ursachen ein. Die Hintergründe der Brandschatzungsaufträge reichen vom
privaten Racheakt bis zur internationalen Politik, die damals durch die Bedrohung des Hl.
Römischen Reiches unter dem Habsburger Karl V. durch die Franzosen und die Türken bestimmt
war.

Die Autorin geht ausführlich auf die Angst- und Abwehrreaktionen der Bevölkerung ein und
bedenkt die Möglichkeit, daß die Quellen durch Überreaktionen mit Subjektivem befrachtet
sein könnten, Das letzte Kapitel behandelt die Justiz des 16. Jahrhunderts, die sich in einem
Umbruch befand. Ein modernes Strafgesetzbuch hatte zwar das mittelalterliche Recht abge-

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