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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 144
(PDF, 57 MB)
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werden: Der Bearbeiter hat seine Vorlagen häufig ergänzt oder gar verbessert. Beispielsweise
korrigierte der „Annalist" etwa die aus Ottos Gesta Frederici stammenden
fehlerhaften Aussagen über die angebliche Lage der Stadt Zürich am Genfer See
(Lemannus) durch die Korrektur des Namens in Lingemage und fügte außerdem
noch die richtige Bezeichnung des Sees (lacus Turricinus) hinzu.30 So wurden die
entsprechenden Einträge der „Marbacher Annalen(< aus den jeweiligen Quellen, wie
Schmid formulierte, „nicht wahllos und sorglos kompiliert, sondern von einem Könner
mit Bedacht komponiert".

Die genauere Untersuchung aller relevanten Zähringerstellen ermöglicht eine weitere
Präzisierung dieser Feststellungen. Denn es zeigt sich besonders bei den Angaben
, die aus den Gesta Frederici Ottos von Freising entnommen sind, neben der
sachlichen Verbesserung der Quelle eine Änderung ihrer ursprünglichen Tendenz.31
Ottos Intention, in den Gesta den „Aufstieg der Stauferfamilie bis zu Friedrich L"
darzustellen,32 die selbst zur Umdeutung mancher eigenen Aussage aus seinem älteren
Geschichtswerk führte,33 bedingte eine entsprechende Herabsetzung der politischen
Gegenspieler, wie etwa der zähringischen Herzogsfamilie. Am Beispiel der
Zähringerstelle der „Marbacher Annalen'% die über die Verleihung des Herzogtums
Schwaben durch Heinrich IV. an Friedrich von Staufen und über das staufisch-
zähringische Verhältnis berichtet,34 kann gezeigt werden, wie hier der Kompilator
mit solchen tendenziösen Partien seiner Quelle verfuhr:

Zusammen mit eigenen Zusätzen kombiniert der Kompilator dafür entsprechende
Passagen aus dem siebten, achten und neunten Kapitel des ersten Buchs der Gesta.35
Bezeichnend sind dabei seine Ergänzungen ebenso wie die Auslassungen: Die überschwenglich
lobenden Äußerungen über den Stauf er, über seine Herkunft (ex nobi-
lissimis Suevie comitibus originem trahens), seine Tüchtigkeit (consilio providus,
armis strennuus), seine Treue gegenüber dem Kaiser (in omnibus periculis suis viri-
liter imperatori astiterat) sowie die gesamte von Topik durchsetzte Ansprache Heinrichs
an Friedrich werden vom Verfasser dieses Teils der „Marbacher Annalen"
weggelassen. Die unter Verwendung von Bibel- (Römerbrief) und Klassikerzitaten
(Ovid und Sallust) weitläufig formulierten Beweggründe für den Entschluß Heinrichs
, seine Tochter Agnes und das Herzogtum Schwaben an Friedrich zu übergeben,
faßt der Kompilator mit den Worten zusammen: ob opem sibi [i. e. imperatori, L M.]
ferendam - d.h. mit dem Hintergedanken des Kaisers, so den Staufer zur Leistung
von Beistand zu verpflichten. Wo es bei Otto von Freising heißt, der Staufer erhalte
den schwäbischen Dukat, den Bertold an sich gerissen habe (invasit), lautet die Version
der „Marbacher Annalen": quodB(ertholdus) de Zeiringen ex nobilissimis op-
timatibus regni36 prius possidendum (acce)perat. Auch in die Charakterisierung
Bertolds IL, der in den Gesta Frederici die Funktion zukommt, als „offenbar bewußt
komponierte Parallele"37 das Gegenstück zur Schilderung des ersten Stauferherzogs
abzugeben, hat der „Marbacher" sinnverändernd eingegriffen. In den Gesta war die
Beschreibung Bertolds konstruiert worden, um - wie Karl Schmid formulierte - „mit
einem beachtlichen Kunstgriff in Mißachtung der Chronologie eine zähringisch-
staufische Parallele ... zu produzieren".38 Die dabei vom Stauferhistoriographen erreichte
offensichtliche Herabsetzung39 des Zähringers bildete den kontrastierenden
Hintergrund für die verklärende Schilderung des Staufers. Im „Marbacher" Text

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