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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 241
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logischen - auch zwischen Religion und Theologie differenziert er hier nicht! - zum
„christlichen Standpunkt" der Moral. Die Fundierung philosophisch-rationaler Verbindlichkeiten
im religiös erschlossenen absoluten Gotteswillen habe erst Bestand,
wenn sie ihrerseits christologisch fundiert werde. Die „religiös- (göttlich) sittliche
Gesetzgebung"65 sei als solche zu vage und unbestimmt. Konkreten Verpflichtungscharakter
gewinne sie erst, indem Jesus Christus als „Prinzip der geoffenbarten Sittenlehre
" erkannt und das Christentum als die auch moralisch absolute Religion erfaßt
werde. Exegetisch will Schreiber zeigen, daß Christus der „Mittelpunkt aller Offenbarung
" ist.66 „Das Prinzip der geoffenbarten Sittenlehre kann darum auch, wie
das Wesen der ganzen Offenbarung, nur in ihm liegen, und mag deshalb auch vorzugsweise
von ihm den Namen des Christlichen führen. Ist diesem nach Christus in
der Offenbarung Alles in Allem, so ist er auch hier unbedingter Gesetzgeber; die geoffenbarte
Moral wird das System der sittlichen Gesetzgebung Christi, oder der
christlich-sittlichen Gesetzgebung."67 Dieses christologische Moralprinzip stelle
keinen Gegensatz zum rationalen Autonomieprinzip dar, sondern werde seinerseits
autonom, im „hellen, freien Glauben, also wieder einer Selbstgesetzgebung" erschlossen
.68 Für Schreibers Moraltheologie ist freilich kennzeichnend, daß er solche
Korrespondenz von Autonomie, Theonomie und Christonomie immer wieder behauptet
, aber nirgends begrifflich stringent auszuweisen vermag.

Bemerkenswert traditional konzipiert Schreiber schließlich den postulierten Ubergang
vom „christlich-sittlichen" zum „kirchlich-sittlichen Standpunkt". Er argumentiert
hier ganz im Sinne der überkommenen römisch-katholischen Lehre von der Kirche
als dem „zweiten", „anderen Christus". Auch relativ konservative zeitgenössische
Theologen haben ihm dafür Beifall gespendet.69 Schreiber deutet die Kirche -
teils mit Kantischen Begriffen - als eine „moralisch-religiöse Körperschaft" bzw.
moralische „Selbstgesetzgeberin",70 die sowohl die Verbindlichkeit des Moralischen
als auch die Bereitschaft zu moralischem Handeln noch einmal intensiviert und verstärkt
» Die Kirche als vorrangig moralische Anstalt sei wesentlich eine Institution der
Freiheit. Denn sie entspreche ihrem normativen Wesensbegriff nur dann, wenn sie in
allen Sphären der Gesellschaft die „Menschenwürde" bzw. das „Prinzip sittlichfreier
Persönlichkeit" als regulatives Prinzip durchzusetzen versuche. Die Kirche soll in
ihrer Verkündigung den Zusammenhang von Humanität und Divinität darstellen und
eine Erziehung zur Mündigkeit befördern. „Jede sittliche Erziehung in Haus und
Schule, Staat und Kirche, kann nur bezwecken, den Menschen aus einem bloßen Objekte
für Andere, zum selbständigen, mündigen Wesen, d.i. zur Person, - die sich
selbst im Besitz hat, und darum nicht von Andern willkührlich in Besitz genommen
werden kann, - zu erheben."71 Das Pathos, mit dem Schreiber solche Erziehung zur
Mündigkeit zur Aufgabe gerade der Kirche erklärt, und die damit verbundene Hochschätzung
von Bildung legen es nahe, sein moraltheologisches Programm als eine
Theologie der frühliberalen Emanzipation, eine frühliberale Befreiungstheologie zu
charakterisieren.

Schreiber formuliert für die vier Standpunkte jeweils spezifische moralische Imperative
. Er unterscheidet dabei zwischen einer „formellen", „materiellen" und synthetisierenden
Formulierung des jeweiligen Imperativs. Dadurch ergibt sich folgendes
Schema:

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