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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 260
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wärtige Kinder beiziehen müßte, wenn jene von Güntersthal nicht vom 12ten Jahre
an bis auf eine Stunde des Tages von der Schule entlaßen würden." Die Gemeinde
konnte bei ihrem Antrag auf eine Stellungnahme des Pfarramts verweisen, worin es
hieß, daß „das, was ihnen (den Kindern) hiedurch entgeht, durch späteren Unterricht
von täglich 1 Stunde bis ins 15. Jahr wieder leicht nachgeholt werden könnte; diese
Beschäftigung hingegen für sie und ihre Eltern des Verdienstes wegen von hohem
Belange ist, während die Liebe zur Arbeit und die frühzeitige Befähigung zum Broderwerbe
einer der edelsten Theile der Erziehung selbst ausmacht." Das befragte katholische
Stadtdekanat schlug freilich andere Töne an: „Die Kinder in Güntersthal
waren bis dahin die saumseligsten in allen Schulen des II. Stadtdekanats. ... Da sie
auch ohne Theilnahme an Fabrikarbeit die Schule schlecht besuchen, läßt sich fürchten
, daß sie auch die Stunde, die sie nach dem pfarrlichen Bericht ... noch in der
Schule zubringen sollen, gar nicht benützen werden. Bis dahin konnte weder eine
Real- noch eine Industrieschule in dieser Gemeinde eingesetzt werden. Wenn nun
die Knaben noch von 2 Schuljahren dispensiert werden, so läßt sich geringe Kennt-
niß in Bildung von ihnen erwarten." Der Stadtdekan schlug deshalb vor, wenigstens
den Morgen für die Schule zu reservieren und für die Fabrikarbeit andere Zeiten vorzusehen
. Das Stadtamt wollte sich für eine Beschäftigung der Kinder nur aussprechen
, wenn eine eigene Schule in der Fabrik eingerichtet würde. Das Kreisdirektorium
entschied sich jedoch allen Bedenken zum Trotz für eine Dispensierung der
Günterstäler Kinder zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr vom Schulbesuch bis
auf eine Stunde täglich, damit sie in der Fabrik arbeitenkonnten. Allenfalls eine weitere
Unterrichtsstunde sollte ermöglicht werden, sofern dies das Stadtdekanat für unbedingt
erforderlich erachtete. Wahrscheinlich wurde nach dieser Regelung verfah-

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ren. Uber die Bezahlung der Kinder in Günterstal ist übrigens nichts bekannt. Der
Lohn dürfte aber jenem der Kinder in der erwähnten Spinnerei zu St. Blasien entsprochen
haben: Die 100 dort arbeitenden Kinder erhielten pro Tag 15 Kr (= Kreuzer
).15 Die Kinderarbeit war in der frühindustriellen Epoche üblich.16 Insofern haben
die Gebrüder von Hermann als Betriebsinhaber den Zeitverhältnissen entsprechend
gehandelt. Sie vermittelten damals in Günterstal Arbeit und Brot.

In der Nacht zum 4. Januar 1829 vernichtete ein in der Spinnerei ausgebrochenes
Feuer den größten Teil des ehemaligen Klostergebäudes. Zwei Flügel des Konventsgebäudes
brannten ebenso wie die angebaute Barockkirche vollständig aus.17 Bei
den beiden anderen Flügeln konnte jeweils das erste Stockwerk gerettet werden. Einige
Maschinen und ein großer Teil der Warenvorräte wurden dank schneller Hilfe
aus der Stadt Freiburg und den benachbarten Orten in Sicherheit gebracht. Auch
Freiburger Garnisonsmilitär und Studenten beteiligten sich an den Löscharbeiten.
Als Ursache des Feuers wurde Brandstiftung vermutet, die aber trotz Aussetzung
einer hohen Belohnung durch den Großherzog und die Firmeneigner nicht nachgewiesen
werden konnte. 50 Jahre später notierte der Freiburger Stadtarchivar Cajetan
Jäger hierzu: „Die Fassung der ersten Mittheilung über dieses Feuer in der Freiburger
Zeitung vom 4. April 1829 läßt auf Brandstiftung schließen und allgemein wurden
zu jener Zeit die damaligen Fabrikinhaber v. Hermann von dem Publikum der
Thäterschaft geziehen, ohne daß die Behörde einen Grund gefunden hatte, gegen
dieselben gerichtlich einzuschreiten."18 Der Verdacht, daß die Firmenbetreiber, die

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