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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 316
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0316
unser Leben einstweilen aus dem Ertrag der Kühe, nämlich aus Butter und Käse
und Gemüse. Hätte ich ein(en) Zug, würde ich Früchte pflanzen. Es sollten etwa
10 Ackers mit Weizen im letztvergangenen Spätjahr angesät werden, welches mir
dies Jahr ein(en) Ertrag von wenigstens 350 Büschel77 abgetragen hätte, allein der
Fuhrlohn wäre mich zu hoch gekommen. Das Feld, welches im Kleefeld gelegen,
wie hier gebräuchlich, zweimal zu fahren und zu eggen, hätte mich wenigstens 25
Dollars Fuhrlohn gekostet, daher ließ ich's zu Gras liegen. Noch zwei Hände und
ein leichter Zug würden mein Land zu einem 3fach höhren Ertrag bringen, allein
ein Knecht nur 3ter Klasse kostet jährlich 80 Dollar nebst Kost, ein Pferd und was
dazu gehört nebst dem Ackergerät 160 Dollars. Ist mir jetzt noch zu rund und muß
es beim Nähren gelten lassen,78 und solange ich gesund bleibe und Bäbele mir zur
Hilfe bleibt, hoffe ich mein Leben fristen zu können. Butter, Käse und Gemüse
sind höher im Preis als in Deutschland wegen der Nähe der großen Stadt Buffalo
und den vielen fremden Leuten, die dort ankommen und Geschäfte machen, wie
es an Seehäfen der Fall ist!79

[Ende 8.7/ Randvermerk siehe unten]
Laut Deinem Brief soll Dein lieber Friedrich auch in Dienst als badischer Soldat
(genommen werden), was ich bedaure. Doch was sage ich! Ich spreche eben als Republikaner
. Wäre ich noch ein Bürger einer deutschen Monarchie, würde ich wohl
ausrufen, welche Ehre einem deutschen Monarchen dienen zu dürfen. Übrigens
wünsche ich doch, daß er recht bald befreit werden möchte. Ich lasse ihn herzlich
grüßen und wünsche ihm gute Gesundheit, Geduld und Mut zur guten Sache!

Wie ich schon vor einem Vierteljahr erfuhr, so ist mein lieber Götte Ernst Friedrich
von Auggen80 mit der braven Tochter des Carl Grether in Schopfheim verlobt,
was mich herzlich freut. Da ich nicht selbst zur Hochzeit kommen werden, so bringe

77 Weiter unten im selben Brief liefert Scheffelt die Umrechnung des amerikanischen Massenmaßes
„bushel" in deutsche Maße. Er gibt an: I Büschel entspricht etwa 2 alten badischen Sestera bzw. 4
Büschel ergeben einen starken badischen Malter oder Sack. Diese Angabe ist auf Weizen bezogen,
Der amerikanische Bushel variiert nämlich im Umfang je nach Getreideart: 1 Bushel Gerste ent
spricht 21,772 kg, während 1 Bushel Weizen auf 27,215 kg kommt. VgL Kahnt/Knorr (wie Anm.
62).

78 Die Aussage dieses Satzes ist nicht ohne weiteres zu verstehen. Möglicherweise hat das Wort „rund"
die Bedeutung von „Geld". Vgl. Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch Bd* V. 1920. Dort
wird der Satz „Ich nehme alles, was rund ist" in der Bedeutung von „Ich nehme alles, was Geld ist"
zitiert. Bei dem Wort „Nähren" in Scheffelts Satz könnte es sich um den Komparativ von „nah/ nach"
handeln. Laut Bd. IV des Schwäbischen Wörterbuchs (1914) kann er für „billiger"/"wohlfeiler" ste
hen. Scheffelts Aussage könnte demnach lauten: „Das ist mir vorläufig noch zu teuer. Ich muß mich
mit der billigeren Lösung bescheiden."

79 Scheffelt gehörte ganz gewiß nicht zu den sog. „Latin Farmers", wie die intellektuellen Revolutionsflüchtlinge
aus Deutschland, die sich in Amerika als Landwirte versuchten, spöttisch genannt
wurden. WiTTKE (wie Anm. 41, S. 115), der ihn in diese Kategorie einordnete, verkannte die Tatsa
che, daß Scheffelt in der deutschen Heimat neben Gasthaus und Brauerei auch eine umfangreiche
Landwirtschaft betrieben hatte,

80 Götte ist die im alemannischen Dialekt übliche Bezeichnung sowohl für den Taufpaten als auch für
das Patenkind. Ernst Friedrich Kraft war mit Scheffelt über Maria Elisabeth Grether, eine Schwester
von dessen Frau Verena verwandt. Maria Elisabeth Grether hatte Dietrich Kraft von Auggen (Gemeinde
südlich von Müllheim Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) geheiratet. VgL Ernst Scheffelt,
Zwei schöne Markgräfler Schränke und ein wenig Sippengeschichte, in: Mein Heimatland 29,1942,
S.227 232, hier S. 232.

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