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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 15
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0017
1848/49 - Revolution in Freiburg?

Von

Wolfgang Hug

Die Stadt Freiburg kann sich nicht wie Offenburg rühmen, vor 150 Jahren „ein weltberühmter
Demagogenort" gewesen zu sein.1 Wir brauchen aber auch nicht schamvoll
zu verschweigen wie die Offenburger, daß man die Stadt auch das badische
Abdera nannte, das „Taufbecken aller Dummheiten" und Schildbürgerstreiche.2
Indes sah man auch an der Stadt Freiburg den „Makel des Revolutionismus" haften,3
So war in der „Freiburger Zeitung" zu lesen, an einem Freitag zwei Tage vor jener
denkwürdigen Volksversammlung, zu der am 26. März vor 150 Jahren 25.000 Leute
auf den Münsterplatz geströmt sein sollen.4 Einem prominenten Teilnehmer zufolge
waren es sogar 30.000 bis 40.000 Männer.5 Nur Männer, wird man fragen; und so
viele Menschen in einer Stadt, die gerade mal 15.000 Einwohner zählte? Doppelt so
viele Besucher auf einer politischen Versammlung vor 150 Jahren wie heute bei
einem ausverkauften SC-Spiel? Gustav Struve war der prominente Zeuge (das
Adelsprädikat „von" hatte er als entschiedener Demokrat abgelegt). Er trat als
Hauptredner bei der Versammlung auf.6 Das sei überraschend gewesen, wird von
denen überliefert, die den Märzerhebungen des Volkes unbedingt den edlen Ruf politischer
Spontaneität zusprechen wollten. Aber die Versammlung an jenem Sonntag
war perfekt vorbereitet und inszeniert: „Tausende strömten von allen Seiten zu Fuß
und auf schön verzierten Wagen, mit vergoldetem Adler und Gemeindefahnen, herbei
und gruppierten sich geschmackvoll auf dem Münsterplatze vor dem Gasthause
zum Geist, von dessen Balkon die Redner und vor allem Struve mit Begeisterung
sprachen und die Versammelten zum Aufheben der Hände als Zeichen der Zustimmung
fortrissen.. "7

Der so wirklichkeitsnah vom Geschehen erzählte, war nun nicht so parteiisch wie
der genannte Hauptredner. Zu den Sympathisanten gehörte er indes schon: Heinrich
Schreiber, der erste große Geschichtsschreiber der Stadt und bekanntlich „vielleicht
der beste Localhistoriker Deutschlands".8 Der Teil aus seiner „Selbst-Biographie"
über Freiburg 1848/49 wurde im letzten noch in der NS-Zeit erschienenen Heft des
Schau-ins-Land abgedruckt, 1941, in einer editorisch vorbildlichen Form.9 Wie stets
bei Schreiber (und wie sich das für jeden ordentlichen Lokalhistoriker ziemt) ist die
konkrete Schilderung der Vorgänge verschränkt in reflektierte Analysen, etwa zur
Frage nach der Spontaneität der Volkserhebung (und damit zu ihrem revolutionären
Charakter). So fährt Schreiber in der oben zitierten Passage fort: „Und dennoch war
das Ganze nicht aus dem Volke herausgewachsen, sondern größtenteils in dasselbe
hineingelegt." Er vermißte bei all der Begeisterung der Teilnehmer den nachhaltigen
Ernst eines Tages, „an welchem ein Grundstein mitgelegt werden sollte zum voll-

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