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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 19
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(wie Struve, Hecker, Blum und Herwegh) herausgegeben, schrieb in ihrer ersten
Nummer am 26. März 1848: „Freiheit, Gleichheit, Bruderschaft schallt es herüber
(der heilige Wahlspruch) - und Freiheit, Bildung, Wohlstand für alle ertönt die tausendstimmige
Antwort"31

Vielstimmig und widersprüchlich wie die politische Öffentlichkeit war die Propaganda
des „revolutionären Frühling". Unzählige Flugschriften wurden verbreitet
Ein aufmerksamer Zeitgenosse hat sie in Freiburg gesammelt und die Sammlung
dann 1873 dem Stadtarchiv vermacht: Eine schier unerschöpfliche Quelle, oft durchaus
vergnüglich, zuweilen auch erschütternd zu lesen.32 So etwa das revolutionäre
Volksgebet: „Du Großherzog, Unser Vater", nach dem Muster des Vaterunser gebaut:
„Freude und Belohnung sollst Du haben - (unser Vater) im Himmel, wenn Du auflösest
Accis und Gewerbsteuer - dann soll, Großherzog, geheiligt werden Dein Name!
... Denn der Druck ist im Himmel mißfällig, - also auch auf Erden! .,. Großherzog!
Wir bitten Dich - Führe uns nicht in Versuchung, laß Dein Volk nicht verderben, -
sondern erlöse uns, jage Deine schlechten Beamten, Steuer- und Zolleinnehmer fort,
- befreie uns von allen Übeln, denn solche Menschen taugen nichts für uns .. .".33

Das Offenburger Flugblatt vom 19. März 1848 mit der Schlagzeile „34 Fürsten
oder eine Republik?" kursierte auch in Freiburg, Seine Verfasser sprachen eine deutlichere
Sprache. Da ist die Rede vom Heer von Beamten, den Massen von Pensionären
, den Spionen und den Herrenhuren, die mehrere hundert Millionen Gulden
verschlingen. Und zum Schluß mündet das Flugblatt in den Appell: „Fort mit den
Fürsten und ihrem Anhang; wir wollen uns selbst regieren, einig, frei und wohlfeil
Es lebe die Republik!"34

Die Republik wurde immer mehr zum entscheidenden Schlüsselwort, an dem sich
die Fronten teilten. Es war schließlich Friedrich Hecker, der zusammen mit Gustav
Struve am 12. April 1848 in Konstanz den freien Volksstaat proklamierte, und zwar
für ganz Deutschland.35 Eine demokratische Legitimation gab es dafür nicht» Revolutionen
werden am Ende doch nicht „vom Volk" gemacht, so scheint es. Machen
etwa doch nur „Männer die Geschichte"? Die Männer, an die sich Hecker wandte mit
dem Appell an die „Mitbürger, Brüder, Freunde!", haben ihn schwer enttäuscht.36 Zu
seiner eigenen Verwunderung zeigten sich, wie er schreibt, „die Frauen und Mädchen
muthiger und begeisterter als die Männer .. .".37 Auch Eduard Kaiser bestätigt
in seiner Autobiographie im Blick auf die Revolution: „So viel Frauen und Mädchen
der Revolution huldigten, waren sie alle tätiger, entschlossener und besessener dafür
...: die Frauen standen an Mut, Naturwahrheit und Seelenadel über den Männern."38

Die Formel „Männer machen Geschichte" erklärt jedenfalls nicht, wie der „revolutionäre
Frühling" endete, Heckers Zug endete, wie man weiß, an der Scheideck bei
Kandern kläglich, nicht tragisch oder aufgrund taktischer Fehler, wie das Struve
nachträglich behauptet hat.39 Die Ehre der Freiheitskämpfer wurde indes drei Tage
nach der Flucht Heckers hier in Freiburg am Ostersonntag/Ostermontag 1848 noch
einmal gerettet.40 Hier kämpften sie entschlossen, freilich schlecht bewaffnet (viele
nur mit Sensen) und erschöpft gegen die militärisch überlegenen und souverän geführten
Regierungstruppen. Authentische Zeugnisse vom blutigen Geschehen gibt es
fast ein Dutzend: von Struve, Sigel, Mögling, Mors, vom damaligen Bürgermeister
Joseph von Rotteck, von Henriette Feuerbach, der Stiefmutter des Malers Anselm

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