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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 64
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0066
Vaterland und Freiheit:,Unrecht, Lüge, Betrug und Gewaltthat4 einmischen!"44 Von
der Kanzel herab plädierte Schellenberg für den Weg entschiedener Reform, für die
entschlossene Unterstützung der Nationalversammlung. Von den Fürsten verlangte
er Milde und Nachsicht bei der Untersuchung gegen die Aufstandsteilnehmer, die
ohnedies schon gestraft genug seien. „Insbesondere aber möge sie [die Fürsten,
J.M.] dieser Gedanke bestimmen, die gerechten Forderungen des Volkes ohne Säumen
zu erfüllen und in der That und Wahrheit zu zeigen, daß sie das Wohl des Volkes
von Herzen wollen!"45 Selbstbewußt rief er zur Fortsetzung des Strebens nach Freiheit
auf: „Wir wollen unerschütterlich an unserem guten Rechte festhalten! Wir
wären weder Männer, noch Christen, wenn wir uns durch äußere Drangsale in unserer
Überzeugung [.,.] erschüttern ließen! Nein - immer bleibe es unser Ziel, das Volk
und die Menschheit in ihre ewigen Rechte einzusetzen."46 Mit dieser Predigt, die
„auf mehrseitiges Verlangen" gedruckt und für die in Zeitungsanzeigen geworben
wurde,47 ergriff Schellenberg für viele Lörracher Liberale das Wort, die sich zum Teil
aktiv am Septemberaufstand beteiligt hatten und jetzt nach einem Deutungsmuster
für ihre Erlebnisse suchten. Schellenberg bot eine Interpretation, die den Weg von
Zwang und Gewalt herausstellte und ablehnte, an der Richtigkeit und Dringlichkeit,
sich für die Freiheitsziele einzusetzen, jedoch festhielt.

In einer Situation, die von erneuter militärischer Besatzung, Einquartierung und
damit verbundenen Kosten, repressiven Bestimmungen und einer Vielzahl von Verfahren
vor dem Untersuchungsgericht in Freiburg bestimmt war, waren nicht wenige
Revolutionsteilnehmer - sofern sie nicht in die Schweiz geflohen waren - damit beschäftigt
, ihre Verteidigungsstrategien festzulegen. Ein interessantes Dokument ist in
diesem Zusammenhang auch der Brief des Sattlermeisters und späteren Bürgermeisters
Paul Feldkirchner an den in die Schweiz geflohenen Handlungscommis Ernst
Herbster vom 10. Oktober 1848. Feldkirchner berichtete darin über sein am gleichen
Tag freiwillig aufgesetztes Protokoll vor dem Untersuchungsgericht in Freiburg.
Offen benannte er seine Absicht, durch eine geeignete Argumentation belasteten
Freunden bei ihrer Verteidigung zu helfen: „Du wirst mir zutrauen, dass ich bei dieser
Gelegenheit mehr die scheinbar grössere Schuld meiner unglücklichen Freunde
im Auge hatte als meine scheinbar geringere und ohne mich zwar ganz zu vernach-
lässigen, aufs Äußerste bemüht war, durch wahrhafte Darstellung der Sache Euere
scheinbare Schuld zu vernichten."48 Feldkirchner führte zunächst den Zwangscharakter
der die bisherigen großherzoglichen Behörden ablösenden Regierung
unter Struve als Grund dafür an, daß ein sofortiger Widerstand gegen die von ihr verfügten
Maßnahmen nicht möglich gewesen sei. Dennoch hätten sich Feldkirchner,
Herbster und der Lörracher Bürgerwehrhauptmann Markus Pflüger schon bald darüber
beraten, wie Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten. Das Vorgehen mancher
Revolutionäre bei den Kassenbeschlagnahmungen und die abnehmende Unterstützung
in der Bevölkerung, je weiter sie nach Norden zogen, hätten sie in dieser
Haltung bestärkt. Zunächst hätten sie gehofft, die Stadt Müllheim würde sich einer
Teilnahme am Aufstand verweigern, dann hätten sie auf die Möglichkeit gesetzt, vor
einer militärischen Auseinandersetzung mit Regierungstruppen mit diesen zu verhandeln
. Die Erfolgsaussichten, mit dieser Argumentation vor dem Untersuchungsrichter
zu bestehen, schätzte Feldkirchner als groß ein: „[...] ich kann Dir ver-

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