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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 73
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VIIL

Die Grenzregion Lörrach: ein Zentrum der Revolution oder eines der Gegenrevolution
? Mit beiden Formulierungen wird die Rolle des im Südwesten Badens gelegenen
Markgräflerlandes überschätzt. Die Gegend um Lörrach war weder der kurzzeitige
jakobinische Mittelpunkt noch die Vendee Badens, Was Johann Philipp Becker
als grundlegenden Eindruck über die politischen Einstellungen während der Revolutionsjahre
1848/49 festgehalten hat, kann auch für die Lörracher gelten: „Die Revolution
findet allerdings mehr Girondisten in Baden, als Jakobiner; Bürger wie Bauern
, hatten bisher mehr Zuneigung, als Leidenschaft zur Republik und zur Freiheit,
und man kann nicht leugnen, daß die Meisten gern auf friedlichem Wege ohne Revolution
zur Republik gelangen wollten."102 Während das Scheitern des Septemberaufstands
einerseits zur Radikalisierung der ohnehin in der Grenzregion besonders
aktiven Revolutionäre beitrug, führten negative Erfahrungen und ein Deutungsmuster
, das gerade dessen Zwangs- und Gewaltcharakter hervorhob, andererseits zur
Radikalisierung der Revolutionsgegnen Aber auch bei vielen Liberalen und Demokraten
waren die Erfahrungen und Deutungen des Septemberaufstandes eine Ursache
dafür, daß - wie Reinhard Schellenberg es schon früh formulierte - gerade sie
„gar leicht den Eifer und die Freudigkeit, die Sache des Volkes offen und laut zu verfechten
", verlieren konnten, „wenn von der Freiheit ein so schlechter Gebrauch [. .„]
gemacht wird*4,103 Als es im Frühsommer 1849 in ganz Baden zu einem Volksaufstand
kam, überwog unter den Demokraten und Liberalen der Region Lörrach, die
viele Probleme einer Revolution unmittelbar erlebt und den möglichen Preis eines
Scheiterns - Besatzung, Untersuchungen, Anklagen, Geld- und Haftstrafen oder Exil
- kennengelernt hatten, eine zögerliche, vorsichtige, skeptische politische Haltung.

Auf friedlichem Weg, mit Vorsicht war jedoch eine Einigung mit den deutschen
Fürsten nicht zu erreichen. Doch auch nach der militärischen Niederschlagung des
Volksaufstandes im Juli 1849, in der darauf folgenden Reaktionszeit, verlor die liberale
Führungsschicht in der Region Lörrach ihre Ziele nicht aus den Augen» Daß sie
einen längeren Atem bewies, daß sie ihre Revolutionserlebnisse auch in der folgenden
Um- und Aufbruchszeit104 nicht pauschal negativ bewertete, zeigt ein Ausblick
auf die 1860er Jahre: beispielsweise auf den weiteren Weg Karl Georg Wenners, der
mit der Amtsenthebung im August 1849 eben nicht „am Ende seiner kommunalpolitischen
Karriere angelangt"105 war, sondern 1861 erneut zum Bürgermeister in Lörrach
gewählt wurde.106 Nicht nur in der Stadt Lörrach, auch in ihrem Umland setzte
sich jetzt für mehrere Jahrzehnte eine fortschrittliche, vom Nationalliberalismus abgespaltene
Variante des Freisinns um den im September 1848 auf republikanischer
Seite aktiven ehemaligen Bürgerwehrhauptmann Markus Pflüger durch107 - gerade
in der Grenzregion im äußersten Südwesten Badens, die 1848/49 während dreier
Gelegenheiten Revolutionserfahrungen hatte sammeln können.

Anmerkungen

1 Die Ereignisgeschichte des Septemberaufstands ist mehrfach beschrieben worden, vgl. v.a, Theo
dor Scholz: Der Septemberaufstand im Markgräflerland im Jahre 1848. Müllheim 1923, zuletzt
Sylvia Greiner/Georg Hbrtweck: Lörrach. In: Revolution im Südwesten. Stätten der Revoluti
onsbewegung 1848/49 in Baden-Württemberg. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Ar

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