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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 90
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0092
Der Bericht Möglings deutet daraufhin, daß die Ressentiments in der republikanisch
gesinnten Bevölkerung gegenüber „fremden Truppen" weitaus stärker waren
als jene gegenüber Freischärlern aus dem Ausland. Trotzdem dürfen diese Beispiele
nicht zu der These verführen, daß die Schreckensbilder von Plünderern und Räubern
aus dem Ausland im April 1848 gar nicht wirkungsmächtig waren. Die Erfahrungen,
die die Legionäre auf ihrem Zug von Kleinkems über Kandern, Mutten, Wieden, Zell
bis Dossenbach machten, zeigen, daß sich zumindest viele Dorfbewohner vor den
Freischärlern fürchteten. Die furchtsamen Reaktionen wurden auch durch das wenig
attraktive Erscheinungsbild der Legionäre hervorgerufen, deren Kleidung und
Schuhe nach den vielen Märschen löchrig waren und die kaum Gelegenheit hatten,
sich zu waschen oder zu rasieren.41 In einigen Ortschaften trafen die Freischärler auf
verschlossene Häuser. Otto von Corvin schilderte die Ankunft in Mutten: „Als wir in
das erste Dorf kamen, [...], sahen wir mit Verwunderung, daß sämmtliche Häuser,
und hie und da selbst die Fensterladen geschlossen waren. Nur selten zeigte sich ein
blasses, ängstliches Gesicht hinter einer Fensterscheibe. Ein großer Theil der Einwohner
, besonders die Mädchen, waren entflohn, um den Gräuln zu entgehn, welche
ihnen von den vermeintlichen Franzosen drohten.- Im Gasthof standen an den Fenstern
mehrere Leute, welche mit Besorgnis auf die vorüberziehende Avantgarde
unserer Colonne sahen. Als ich sie aber deutsch anredete und ihnen versicherte, daß
wir als Freunde kämen, da klärten sich die Gesichter der braven Leute auf, ja einigen
traten die Thränen in die Augen/442

Es ist ingesamt etwas schwierig, sich aus den verschiedenen Mosaiksteinchen ein
Bild von der Haltung der Bevölkerung in der badischen Grenzregion gegenüber den
republikanischen Freischärlern aus Frankreich zu machen. Ein eindeutiges Fazit
wird auch dadurch erschwert, daß die Legionäre in der Öffentlichkeit mal als deutsche
Arbeiter, mal als Franzosen wahrgenommen wurden. Trotz der Furcht einiger
Gemeinden vor Freischärlern aus dem Ausland erscheint mir die Besorgnis Heckers
vor den fremdenfeindlichen Ressentiments in der Bevölkerung jedoch übertrieben.
Dem gemeinsamen Kampf von Menschen unterschiedlicher Nationalität für die Republik
stand weniger Fremdenfeindlichkeit als der Wunsch der meisten Anhänger
der deutschen Einheits- und Freiheitsbewegung entgegen, zunächst auf dem Reformweg
Grundrechte zu verwirklichen und einen Systemwandel einzuleiten. Die
Mehrheit der Bürger setzte ihr Vertrauen noch auf die Verfassungsarbeit der Nationalversammlung
, die ja erst am 18. Mai 1848 in Frankfurt am Main zusammentrat.
Wieso einen Aufstand wagen, wenn noch gar nicht entschieden war, ob der parlamentarische
Weg erfolgreich verlaufen würde?

Erst im Verlauf des Sommers 1848 - unter der Last der militärischen Besatzung -
gewannen die Republikaner im Oberland mehr Anhänger. Diese Entwicklung wurde
durch die politischen Druckschriften begünstigt, die die republikanischen Freischarenführer
von ihren Schweizer Exilorten aus im Großherzogtum verbreiteten.
Diese Blätter setzten der Bevölkerung eindringlich auseinander, weshalb der Vereinbarungskurs
der Parlamentarier niemals zur politischen Freiheit und zu „sozialer Gerechtigkeit
'4 führen könne.43 Als deutsche Republikaner und republikanisch gesinnte
Schweizer gemeinsam Flugschriften druckten und über die Grenze schmuggelten,
zeigte sich wieder: „Freiheit verbindet*4.

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