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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 95
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Mißernte und eine sich anschließende Hungersnot an den Rand des Zusammenbruchs
. Wie politisiert das Leben inzwischen war, zeigt der Umstand, daß der Konstanzer
Hilfsverein von konservativer Seite verdächtigt wurde, mit seinen Hilfsleistungen
politische Propaganda unter den Armen zu betreiben. Zwar hatte sich
1847/48 die Situation durch eine gute Ernte entspannt, doch traten jetzt die langfristigen
Auswirkungen um so mehr in Erscheinung, Viele von der Landbevölkerung
abhängige Handwerksbetriebe hatten ihre Existenzgrundlage verloren. Geschäftszusammenbrüche
, Zwangsversteigerungen und die Verarmung ganzer Familien waren
die Folge. Ähnlich war es auf dem Land. Diejenigen Bauern, die Geld geliehen hatten
, um die Abgaben aus der Feudalzeit ablösen zu können, hatten nicht mehr die
nötigen Mittel, um die Zahlungen für Zins und Tilgung zu leisten. Überschuldung,
Zwangsversteigerung und Vertreibung vom Hof waren die Folge.

Der Seekreis war schon vor der Februarrevolution in Frankreich und der Märzrevolution
in Deutschland politisch in Bewegung geraten. Als unmittelbare Nachbarn
der Schweiz fieberten seine Bewohner den neuesten Nachrichten über den Verlauf
des Sonderbundkrieges in der Schweiz entgegen.10 Wie politisiert die Stimmung
der Bevölkerung war, geht schon daraus hervor, daß Fickler sich zur Nachrichtenübermittlung
nicht der viel zu langsamen Post bediente, sondern einen eigenen
direkten Kurierdienst einrichtete, um das Bedürfnis nach neuesten Nachrichten zu
befriedigen. Er bediente sich dabei vermutlich des zwischen Frauenfeld und Konstanz
regelmäßig verkehrenden Lastwagenverkehrs.

Der intensive Güteraustausch an der Grenze, die Begegnungen auf den Märkten,
auf den Festen und in den Wirtshäusern auf beiden Seiten, die Kenntnis der Schweizer
Verhältnisse, also der tägliche Umgang, hat dazu geführt, daß „Republik" für die
Bewohner des Seekreises nichts abstraktes war, wie etwa für einen Bauern aus dem
Odenwald. Das heißt aber nicht, daß alle Konstanzer von jeher mehrheitlich Republikaner
gewesen wären. Selbst Fickler, der späterere Exponent des Republikanismus
, war dies nicht von Anfang an. Selbst als die Politisierung breiter Volksschichten
schon voll im Gang war, konnten ihm noch Zweifel kommen. Als im März 1848
der im Urlaubsstreit vielfach gemaßregelte Ignaz Peter zum Seekreisdirektor ernannt
worden war, fragte Fickler sich: Sollte die konstitutionelle Monarchie doch noch zur
Reform fähig sein? Ist Peters Ernennung ein Zeichen grundlegender Erneuerung?
Am Ende seiner Überlegungen kam er zum gegenteiligen Schluß. Die Ernennung
Peters liefere den „vollständigen Beweis der gänzlichen Abgenutztheit aller dienstbaren
Regierungskreaturen*4. Sie sei daher ein Vorbote des Todes der Monarchie.11

Erst im zweiten Anlauf wird die Errichtung der Republik
zur öffentlich erhobenen Forderung

In dieser Atmosphäre mußte die Nachricht von der Revolution im Februar 1848 in
Paris wie ein Zündfunke wirken. Die Meldungen von der Errichtung der Republik in
Frankreich erreichten die Bodenseeregion in den ersten Märztagen, also mit einiger
Verspätung. Am 4. März wurde der große Bürgerausschuß in Konstanz zusammengerufen
, um die neue Lage öffentlich zu beraten. Der Stadthaussaal war von Zuschauern
überfüllt. Im Zentrum der Debatte stand die Absendung einer Petition. Ihr

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