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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 113
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Revolutions-Rausch im Breisgau?

Überlegungen zu Alkoholkonsum, Wirtshäusern und ihren Betreibern

um die Mitte des 19, Jahrhunderts

Von

Norbert Möller

In einem kürzlich erschienenen Sammelband weist Karl H. Wegert auf zwei Schauplätze
hin, in denen sich auch der Stadt-Land-Gegensatz manifestiert habe. Er stellt
dem Cafe als Kommunikationszentrum „für die standesbewußten Vertreter von Bildung
und Besitz sowie für die radikalisierte Intelligenz ohne großes Vermögen" das
Wirtshaus gegenüber. In letzterem habe sich „ein disparates Kleinbürgertum" getroffen
, „zusammengesetzt aus unabhängigen Bauern, Handwerkern und Krämern
[sowie] zahllosen anderen, die in der Hierarchie der vormärzlichen Gesellschaft
unter ihnen standen".1 Wegert greift im Fortgang seiner Argumentation die iden-
titätsstiftende Rolle der - heute über alle Parteigrenzen hinweg als Keimzelle der Demokratie
gepriesenen - Ereignisse von 1848/49 frontal an und gießt hierbei ein
gehöriges Quantum Wasser in den anläßlich der Karlsruher Landesausstellung Revolution
der deutschen Demokraten in Baden in rote Flaschen abgefüllten Freiheitstropfen
, Ein zu wenig beachtetes „Paradox" sei nämlich, „daß die breitesten, umfassendsten
Massenbewegungen 1848/49 nicht in den großen Städten des Nordens,
sondern im bukolischen, weinseligen Südwesten ausbrachen, in Baden und in der
bayerischen Pfalz". Hier sei „das Trinken von Alkohol [...] traditionell stärker verbreitet
" gewesen als andernorts. Zwar kann auch Wegert nicht abstreiten, daß in den
Revolutionsjahren ein „erhöhtes Maß an politischer Bewußtheit"2 bestand, doch zugleich
versucht er seiner These von einem Gegensatz zwischen revolutionary politics
und populär politics3 weitere - gleichsam flüssige - Nahrung zuzuführen. Wenn das
breite Volk von den demagogischen Umtrieben einer politisch radikalen intellektuellen
Minderheit lediglich instrumentalisiert und nicht politisiert wurde, dann taugen
„die Ereignisse von 1848"4 kaum zur demokratischen Traditionsbildung, [n seinem
fulminanten Rundumschlag stellt er die Bedeutung der in neueren Forschungen besonders
hervorgehobenen Vereinsbewegung ebenso in Frage wie den „politischen"
Charakter des badischen Gemeindeliberalismusß

Wegerts These, daß die badische Volksbewegung ihre einzigartige Kraft vornehmlich
aus dem Saft der Reben zog, reizt zu einer näheren Betrachtung der Verhältnisse
im Freiburger Umland, das bereits manchem Zeitgenossen als Heimat leicht aufbrausender
Weintrinker erschien. So heißt es in einer wenige Jahre nach der Revolution
erschienenen statistisch-landesbeschreibenden Darstellung: „Da übrigens im
Breisgau und in der Ortenau viel Wein gepflanzt wird, so mußte dieser Umstand in

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