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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 119
(PDF, 32 MB)
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sich kaum treffen, und ein Ausschußmitglied des Emmendinger Märzvereins witterte
unter den auswärtigen Besuchern einer Vereinsversammlung im Engel denn auch mit
Recht Spione.43 Als dagegen die Teninger Schwesterorganisation ihre Treffen zu Anfang
des Jahres 1849 in das Schulhaus verlegte, war der ansonsten recht gut über die
revolutionären Umtriebe seines Bezirks unterrichtete44 Amtmann Fränzinger besonders
alarmiert: Eine derartige „geheime Sitzung"45 ließ sich durch das von ihm unterhaltene
Spitzelsystem nicht mehr überwachen.

Für eine Bewertung der Rolle einzelner Wirtshäuser im politischen Leben ihrer
Gemeinden fehlen jedoch zumeist harte Daten, die es - über die in manchen Ortschroniken
zusammengetragenen Angaben zur ersten urkundlichen Erwähnung und
zur Reihenfolge der Wirte hinaus - erlauben, die vorhandenen Möglichkeiten zum
Politisieren einzuschätzen: Nicht jede Wirtschaft verfügte wie beispielsweise der
Engel in Emmendingen über einen Saal für mehrere hundert Personen. Auch über
die Einrichtung der Schankräume sind wir nur in wenigen Fällen unterrichtet.
Größere Wirtschaften hatten eine eigene Honoratiorenstube46 und auch durch die
Gaststube verliefen nach Ansicht der volkskundlichen Forschung unsichtbare Grenzen
. So schreibt der um die Jahrhundertmitte vielgelesene Berthold Auerbach über
das beginnende 19. Jahrhundert in Haldenbrunn bei Horb: „Die Großbauern hatten
ihren besonderen Tisch und bekamen Flaschen und Gläser dazu, die Halbbauern
saßen wieder gesondert und hatten glatte Schoppengläser, die Häusler [.,.] saßen
ebenfalls für sich und hatten gerippte Gläser." Für Ingeborg Weber-Kellermann ist
der Schwarzwald auf Grund dieser Aussage eine besondere Bastion des Althergebrachten
: „Unaufhebbar und unangefochten behauptete jede Gruppe ihren angestammten
Platz im Dorfwirtshaus,"47 Im Kontext wird jedoch deutlich, daß Auerbach
hier Zustände beschreibt, die zum Zeitpunkt der Niederschrift (1852) schon der
Vergangenheit angehörten. Ausführlich schildert er längst vergessene Sitten des rituellen
Zutrinkens 48 Eine Generation später hatte sich in dieser Region offenbar auch
das bevorzugte Getränk gewandelt: Die Statuten eines in Auerbachs Erzählung Der
Lauterbacher erwähnten Lesevereins sehen vor „daß Jeder, der wolle, seinen Schoppen
Bier vor sich haben dürfe, aber nicht mehr" 49 Auch in anderen Zusammenhängen
schildert Auerbach für die 1840er und 1850er Jahre sozial gemischte politisierende
Runden. Beim Umstieg auf Faßbier fiel zumindest die eigene Flasche als soziales
Abgrenzungsmerkmal weg. Es ist daher wohl auch kein Zufall, daß die in
Freiburg erscheinende katholisch-konservative Süddeutsche Zeitung als Umschlagplatz
radikalen und gar kommunistischen Gedankenguts 1847 ausdrücklich auch die
„gemeinste Bierstube" in kleineren Gemeinden erwähnt.50

Kaum besser als über die Gaststätten sind wir über die Mehrzahl ihrer Betreiber
unterrichtet. In den Quellen zur Revolution erwähnte Wirte können zwar Betreiber
des ersten Hauses am Platz sein; in anderen Fällen dürfte die Berufsbezeichnung
(genau wie mancher „Handelsmann") eher eine gescheiterte Existenz bezeichnen.
Vieles spricht allerdings dafür, daß der Horizont etablierter Wirte oft weit über den
heimischen Kirchturm hinausreichte. Dies zeigt sich in ihrem Heirats verhalten, welches
oftmals Dynastien erzeugte, die sich über mehrere Gemeinden erstreckten. Als
Beispiel sei auf die während der Revolution an mehreren Orten in Erscheinung getretene51
Familie Fackler verwiesen, deren Simonswälder Ochsen Wirtshaus 1845 in

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