Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 199
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0201
rüber „... so Hessen wir die tausend und abertausend Flüchtlinge an uns ruhig
vorüberziehen nach Frankreich hinüber, da Breisach der einzig offene Weg geblieben
war. Zuerst Aristokraten, dann Demokraten, zuletzt flüchteten viele aus purer
Preußenfurcht, es war ein Getümmel, das recht lächerlich ausgesehen hätte, wenn es
nicht so traurig gewesen wäre."17 Zwischen Freiburg und Zähringen planten die
Aufständischen nochmals eine letzte Abwehrschlacht. Auf dem Karlsplatz wurden
die Reste der Revolutionsarmee dazu gesammelt und am 2, Juli bei einer „Revue"
gemustert. In einem Brief vom Juli 1849 mokierte sich Henriette Feuerbach über
den abgerissenen bunten Haufen, den sie sah: „Denke Dir unsere herabgekommenen
Soldaten stückweise uniformiert, selbst Bruchstücke aus allen Regimentern durcheinandergeschüttelt
, unsere Volkswehr aber in blauen Blusen, rot»schwarz-gelbem
Gürtel mit Gewehr und kurzem Säbel, die Anführer theatralisch abenteuerlich aufgestutzt
eine große rote oder schwarze Feder auf dem Hut, eine rot-schwarz-goldene
lange Schärpe über die Schulter, der eine mit einem Schleppsäbel, der andere
mit dem Hirschfänger, der Dritte mit einem Stutzen ... Fünf Amazonen waren auch
hier, unter ihnen eine junge Tochter Robert Blums, sie waren in der gewöhnlichen
Blusentracht, aufgeflochtene Zöpfe an der Seite unter dem Freischärlerhut. Ihre
Kompagniefahne war blutrot, darauf stand mit goldenen Buchstaben: Rache für
Robert Blum."1«

Bei den Resten der Revolutionsarmee war übrigens auch Wilhelm Liebknecht, der
1869 zusammen mit Bebel die Sozialdemokratische Partei gründen sollte. Er war mit
der Freiburgerin Ernestine Landolt liiert, die er später heiratete.19 Beide trafen sich
am 4. Juli abends zum Abschied auf dem Schloßberg, bevor Liebknecht und seine
Mitstreiter die Flucht vor den Preußen fortsetzten. Denn zur erwarteten Abwehrschlacht
bei Freiburg kam es gar nicht mehr, weil bei der Nachricht vom unerwartet
schnellen Vorstoßen der Preußen nach Süden Panik die Revolutionssoldaten
ergriff, und sie sich in den Schwarzwald absetzten.

Risler schließt nach der Erwähnung der Erschießungen Max Dortus, Friedrich
Neffs und Gebhard Kromers auf dem Wiehrefriedhof das Revolutionskapitel in seinem
Tagebuch mit bitteren Worten: „So also endete diese Revolution, die dem
Großherzogtum Baden soviel Schaden zugefügt und ein schönes Land ruiniert hat.
Das war eine harte Lektion und die republikanischen Gelüste dürften sich wohl nun
abgekühlt haben. Die badische Armee ist aufgelöst. Immer noch halten die Preußen
das Land besetzt und diktieren die Gesetze.44 Henriette Feuerbach war hin- und hergerissen
zwischen Bedauern der in panischer Flucht zerstiebenden badischen Revolutionssoldaten
und Freude über die mit dem Einmarsch der Preußen zurückgekehrte
Ruhe und Ordnung. Von Anfang an hatte ihre Beurteilung der 48er»Revolution zwischen
grundsätzlicher Zustimmung und tiefer Skepsis über den Weg zur Veränderung
geschwankt. Ihrer Freundin Emma Herwegh, die zusammen mit ihrem Mann,
dem Dichter Georg Herwegh die Fremdenlegion der Deutschen Arbeiter in Frankreich
führte, hatte sie Anfang März 1848 anvertraut: „Wir haben auch ein Revolu-
tiönchen gehabt, oder haben es vielmehr noch, und spielen hübsch Soldaten. Ich gestehe
aufrichtig, daß ich noch gar nicht fähig bin, zu jubilieren über Freiheit und
Vaterland, die Gewährsmänner sind mir zu wenig Respektspersonen und vor dem
lieben vielbeschworenen Volksgeist habe ich auch keinen Respekt... Übrigens ist

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