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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 87
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0089
Konversionsbereitschaft als Lebensunterhalt

Der Fall der vermeintlichen Konvertitin Catharina Baumännin
vor dem Freiburger Stadtgericht (1730/31)
und seine Bedeutung für unser Verständnis der Konfessionalisierung1

Von

Hillard von Thiessen

Der Wechsel der Konfession in der Frühen Neuzeit hat bislang vor allem im Phänomen
der Fürstenkonversionen des 17. und 18« Jahrhunderts das Interesse der Forschung
gefunden» Im Mittelpunkt des Interesses standen einerseits die Beweggründe
der Konvertiten, unterschieden nach religiösen oder politisch-dynastischen Motiven»
Zum anderen fanden die Auswirkungen des Konfessions wechseis eines Landesherrn
auf seine Untertanen Aufmerksamkeit. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von
1555 galt das Prinzip, daß die Untertanen der Konfession des Landesherrn angehören
sollten. Bis zur Mitte des 17, Jahrhunderts hatte die Fürstenkonversion somit
zumeist den Religionswechsel der Einwohnerschaft eines ganzen Territoriums
zur Folge.2 Am Oberrhein bietet die Markgrafschaft Baden-Baden ein Paradebeispiel
für die erzwungene Konversion der Untertanen nach dem Konfessionswechsel ihres
Landesherrn bzw. dem Regierungsantritt eines neuen Landesherrn mit anderer Konfession
als sein Vorgänger. Bis 1634 wechselte das Territorium - und damit stets die
Mehrheit der Untertanen - sechsmal das Bekenntnis.3

Doch diese bekannten Vorgänge sollen nicht Thema des Artikels sein. Wenden wir
uns vielmehr dem bislang wenig beachteten Bereich der alltäglichen Konversionspraxis
zu, denn: „Die Alltagsgeschichte dieses Vorgangs ist auch heute noch ungeschrieben
."4 Der Begriff „alltägliche Konversionspraxis" erscheint auf den ersten Blick
widersprüchlich. Immerhin bedeutete Konfessionswechsel zur Zeit der Konfessionalisierung
zumindest theoretisch nicht weniger als den Wechsel zwischen zwei Glaubenssystemen
, die jeweils einen absoluten Wahrheitsanspruch vertraten und dementsprechend
den jeweils einzigen Weg zum Heil anboten. Folglich wurden Konversionen
im „konfessionellen Zeitalter" nach dem mittelalterlichen Schema von Ketzerabfall
bzw. -bekehrung gedeutet: „Auf der einen Seite war der Konvertit ein apostata,
auf der anderen ein Wiedergekehrter."5 Demzufolge wären die Konvertiten Wanderer
zwischen zwei weit auseinanderliegenden, miteinander in Konflikt stehenden Welten.
Das bedeutet, daß Konversion entweder Ergebnis eines individuellen Gewissensentscheids
wäre, für den der Konvertit alle damit verbundenen Widrigkeiten in Kauf
nahm oder aber - wenn er weniger gewissensgeplagt war - in Erwartung eines mit
dem Glaubenswechsel verbundenen handfesten wirtschaftlichen Vorteils unternommen
wurde.6 Dann allerdings hätten wir es nicht mit einem alltäglichen, sondern mit

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