Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 113
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0115
Ein Begräbnis in Freiburg 1917
Stadtgeschichte und Militärgeschichte im Zeitalter des

„Totalen Krieges66

Von

Roger Chickering

Der Anlaß war der schlimmste Überfall des Krieges. Am „schwärzesten Tag", dem
14. April 1917, erlebte die Stadt Freiburg einen Angriff durch britische und französische
Flieger, bei dem elf Zivilisten und ein Soldat ums Leben kamen. Einige Tage
später bot die Bestattung der Opfer am Freiburger Hauptfriedhof die Gelegenheit,
eine feierliche Kundgebung gegen die „ruchlose" Praxis des Feindes zu veranstalten
, der den Krieg auf offene deutsche Städte übertragen hatte mit dem Ziel, Zivilisten
zu terrorisieren und schuldlose Menschen aus der „friedlichen Arbeit in der Heimat
" fortzureißen.1 Dementsprechend befanden sich unter den Teilnehmern auf dem
Friedhof fast sämtliche Stadtprominente - leitenden Persönlichkeiten der Staats- und
Stadtverwaltungen, des Militärs und der Universität, jeweils sieben geistliche Repräsentanten
des Freiburger Katholizismus und Protestantismus sowie Vertreter der
Holzgroßhandlung der Gebrüder Himmelsbach, deren Belegschaft allein neun Opfer
erbracht hatte.

Sowohl in den feierlichen Ansprachen auf dem Hauptfriedhof als auch in den Zeitungsberichten
belegten die wiederholten Hinweise auf die , jäh aus dem Leben entrissenen
" Opfer eine Vorstellung von zwei getrennten Sphären, die Front und Heimat
, Soldat und Zivilist, Zerstörung und produktive Arbeit, Krieg und Frieden entgegensetzten
. In seiner Einsegnung der katholischen Toten sprach der Dompfarrer
von „unschuldigen Opfer[n], die mitten aus der Arbeit gerissen wurden". In ähnlicher
Weise äußerte sich Hermann Himmelsbach, der Inhaber der in Mitleidenschaft
gezogenen Firma, als er der „lieben Mitarbeiter" gedachte, die „mitten aus der friedlichen
Arbeit in der Heimat fortgerissen wurden". Zwischen derartigen Erklärungen
und anderen Aspekten des Ritus gab es aber merkwürdige Diskrepanzen. Dieselbe
friedliche Arbeit, aus welcher die Opfer jäh fortgerissen wurden, habe auch - so der
Stadtpfarrer Thomas Kattermann bei seiner Einsegnung der evangelischen Toten -
„uns groß und stark gemacht" und solle zukünftig „uns auch wieder stark machen",
„Weil alle Arbeit heute, so auch die in der Heimat, dem Vaterlande diene," erklärte
daraufhin der Universitätsvertreter, „sind die so jäh aus dem Leben Abberufenen
auch den Heldentod gestorben." Die Anwesenheit des Garnisonskommandos samt
Militärkapelle sollte nicht nur dem im Fliegerangriff getöteten Soldaten Ehre tun,
sondern auch eben dieser Kontinuität zwischen Front und Heimat Nachdruck verleihen
- eine Verbindung, die dann ihren eindeutigsten symbolischen Ausdruck fand,

113


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0115