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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 127
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0129
Die Evangelische Kirche im Nationalsozialismus

Erfahrungen der Kirchengemeinde Sulzburg

Von

Reinhard Mielitz

Den freiwilligen Wechsel der Deutschen aus dem demokratischen Staat, der Weimarer
Republik hieß (1919-1933), in die nationalsozialistische Diktatur können wir
heute nur noch verstehen, wenn wir in die Geschichte blicken. Daß ein sehr großer
Teil der Menschen, die den christlichen Kirchen, der evangelischen wie der katholi»
sehen» angehörten, diesen Ubergang begrüßt hat, wollen wir nicht gerne hören und
mögen wir nicht glauben. Es ist aber so, und es läßt sich auch erklären.

Während kirchentreue Katholiken bis 1933 durch die offiziellen Erklärungen ihrer
Kirche auf Distanz zur NSDAP als Partei gehalten wurden, waren die Protestanten,
die keine hierarchisch-autoritäre Kirche kennen, zunächst anfälliger. Als aber die
NSDAP begann, unmittelbar in das kirchliche Leben einzugreifen und sich in Glaubensfragen
einzumischen, entstanden in den protestantischen Kirchen unbeugsame
Widerstandsgruppen, denen auch Menschen angehörten, die sich den NS-Ideen
zunächst geöffnet hatten. Die Widerstandskraft der „Bekennenden Kirche" hat die
NSDAP bis zu ihrem Ende nicht überwinden können.

Warum waren viele Protestanten, auch Landesbischöfe, zunächst so anfällig für
nationale, völkische und autoritäre Tendenzen?

Im „heiligen römischen Reich deutscher Nation" waren die Evangelischen unter
dem katholischen Habsburger Kaiserhaus eine Minderheit. Sie waren außerdem in
über zwanzig mehr oder weniger kleine Landeskirchen zerteilt. Der große geistliche
Aufbruch der Reformation war im Laufe der Jahrhunderte in der Enge des Landeskirchenalltags
erstickt, ähnlich wie der politische Aufbruch der Freiheitskriege und
der 48er Revolution in Kleinstaaterei und Restauration erlahmte.

Das Bismarck-Reich von 1871 war zwar nicht demokratisch und auch nur ein
„kleindeutsches" Reich, aber es war ein Nationalstaat, und es gewann unter Bismarck
politische Größe und Ansehen und später unter Wilhelm IL militärische und
wirtschaftliche Macht und nationalen Glanz und Pathos. Und dieses Preussen-
Deutschland mit seinem protestantischen Kaiserhaus wurde von den evangelischen
Kirchen als protestantischer Staat empfunden. Als dieses Reich durch völlige Uberschätzung
seiner wirklichen Kraft am Ende des ersten Weltkriegs zusammenbrach,
war es vorbei mit Glanz und Gloria, mit Nationalstolz und Monarchie.

Sozialisten, Liberale und Katholiken unterschrieben den Vertrag von Versailles,
das „Schanddiktat". Und sie wurden von den Konservativen und Monarchisten als

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