Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 171
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0173
Wie einer in der Nazi-Zeit unter die Räder kam*
Der „Fall" Reinhold Birmele und seine Verarbeitung
in der Bundesrepublik Deutschland

Von

Heiko Haumann

Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch, Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe
in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger
Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als
Soldat in den Krieg ziehen müssen, Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des
ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur
flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie
Hein, Maria Weber [Name geändert, H,H.], begegnet, die gerade in den Garten
trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich
heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort
verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder
einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen, Ihm kam die
Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein
großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann,
nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau
laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele
dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt,1

So verabschiedete er sich am Sonntagfrüh - es war der 19. Juli - von seiner Frau
Luise und fuhr um acht Uhr mit der Elztalbahn nach Freiburg. Gegen 9.30 Uhr läutete
er in der Beethovenstraße an der Tür von Nr. 9. Zunächst rührte sich nichts. Nach
mehrmaligem Läuten wurde durch das Türmikrophon gefragt, wer dort sei. Birmele
läutete wieder. Zu seiner großen Überraschung erschien dann jedoch nicht die Hausgehilfin
, sondern er hörte durch die Tür die Stimme von Frau Hein, die ihn nach seinem
Begehren fragte. Birmele bekam einen Riesenschreck. Er wollte nicht, daß Frau
Hein von seiner beabsichtigten Wanderung mit Maria Weber erfuhr, zumal sie diese,
wie sie ihm erzählt hatte, grob behandelte, Um abzulenken, rief er: „Polizei!" Vielleicht
war ihm dieser Einfall gekommen, weil seine Frau am Morgen, als er sich seinen
Regenmantel angezog, gesagt hatte, er sehe aus „wie ein Kriminaler'*.2 Frau
Hein wollte wissen, was das bedeute. Er wiederholte: „Polizei!" Als sie den Hausschlüssel
holen wollte, rief Birmele, er werde in einer Stunde mit dem Auto wiederkommen
. Er entfernte sich, ging zu einer befreundeten Familie und kehrte später
nach Hause zurück, erzählte allerdings nichts von dem Vorfall.3

Fanny Hein sah die Geschichte etwas anders. 1879 in Hamburg geboren, war sie

171


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0173