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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 198
(PDF, 59 MB)
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Bedarf an akademischem Nachwuchs in Südbaden kaum über 200 hinausgehe. Damit
sich nicht wieder ein „geistiges Proletariat" wie nach 1919 bilde, das der NS-
Machtergreifung Vorschub geleistet habe, müsse durch ein strenges Zentralabitur
„eine scharfe Auslese und zwar nur nach Begabung" getroffen werden.220 Zum
Glück für den Aufschwung der 50 Jahre mit seiner gewaltigen Nachfrage nach Akademikern
aller Fachrichtungen wurde diese Absicht dann doch nicht mit der geplanten
„Schärfe" durchgeführt.

Allmählich geriet die Schule aus dem Zustand fortwährenden Mangels in eine
neue Normalität: „Vom neuen Schuljahr an will ich versuchen, in allen Klassen Vollunterricht
von 30 Wochenstunden einzurichten (statt bisher nur 23 Stunden in den
unteren und 24 Stunden den mittleren Klassen). Überdies musste bis jetzt der deutsche
Unterricht in 2 Sexten von unserem Zeichenlehrer - notdürftig! - erteilt werden
während umgekehrt kein Zeichenunterricht stattfinden konnte,"221 teilte Dr.
Breithaupt dem Ministerium am 2. August 1947 mit. Auch in einem anderen Bereich
kehrte Normalität ein: Im September 1948 verfügte das Ministerium - übrigens gegen
den Willen von Direktion und Kollegium222 -, dass das „Gymnasium Freiburg"
wieder den alten Namen „Berthold-Gymnasium" übernehmen solle.

Mit der Gründung der Bundesrepublik gewannen deutsche Organe - so auch das
badische Kultusministerium - ihre volle Souveränität in kultur- und bildungspolitischen
Angelegenheiten zurück. Damit entfiel der Orientierungszwang am französischen
Vorbild, auch wenn die Kultusbürokratie an einigen diesbezüglichen Neuerungen
festhielt, beispielsweise am Zentralabitur. Mangels anderer demokratischer
Orientierungen suchte die frühe Bildungspolitik der Bundesrepublik ihre Vorbilder
im institutionellen Erbe von Weimar.

Im Schuljahr 1948/49 konnte Dr. Breithaupt wieder an Theater denken:223 Das
Berthold-Gymnasium führte Sophokles' Antigone in einer weithin beachteten Inszenierung
auf. Im folgenden Schuljahr fanden erstmals wieder Studienfahrten (die
erste ins nahe Basel) und Skifreizeiten (die erste auf dem Schauinsland) statt. Mit
dem Beginn des Schuljahres 1952/53 verlegte das Ministerium nach dem Vorbild
von Weimar den Anfang des Schuljahres auf Ostern. Im gleichen Schuljahr konstituierten
sich erstmals wieder die Schüler-Vertretung und der Eltern-Beirat, fanden
die ersten „Bundesjugendspiele" statt. Gleichzeitig verfügte das Ministerium im Interesse
sozialer Chancengleichheit eine stufenweise Reduktion des Schulgeldes, das
dann zum Schuljahresende 1957 ganz entfiel. Der von der Bildungspolitik der frühen
Bundesrepublik gesuchte Anschluss an die Institutionen von Weimar war gefunden.

Mit dem Ende des Schuljahres 1953/54 trat Dr. Breithaupt in den Ruhestand. Er
hatte die Leitung des Berthold-Gymnasiums in der wohl schwierigsten Phase seiner
ganzen Geschichte übernommen und ihm fest, beharrlich und klug den Weg in die
Normalität der Nachkriegszeit gewiesen. Er hat zudem das Ansehen des Berthold-
Gymnasiums weit über die Grenzen Freiburgs hinaus neu gefestigt. Aber was vielleicht
noch wichtiger war: Er hat ganzen Generationen von Schülern den Reichtum
klassischer Bildung nahe gebracht und ihnen so die Möglichkeit eröffnet, aus der
Antike Sinnentwürfe für ihre Gegenwart zu gewinnen. Zurecht verlieh ihm deshalb
Bundespräsident Heuss 1954 das Verdienstkreuz des kurz zuvor gestifteten Verdienstordens
der Bundesrepublik.

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