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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 213
(PDF, 59 MB)
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riefen, ihr Vorgehen in weiten Teilen rigoros, ja brutal, nach dem sowjetischen wohl
das härteste in Deutschland. „Sie beuteten das Land aus, soweit sie nur konnten."3
Beispiele dafür sind die Abholzung der Wälder und die Demontage lebenswichtiger
Industriebetriebe, die noch 1948 zu einer schweren Krise führte, als bereits der
Marshall-Plan anlief.

Dass die Deutschen im Westen auf das reiche verfassungspolitische Gedankengut
der eigenen Geschichte wie auch der westlichen Demokratien zurückgriffen, auswählend
und wertend, auch einiges verwerfend, was nicht gut gewirkt hatte, war
wohl zwingend. In den neuen Verfassungen filterten sich die Erfahrungen der Weimarer
Republik und des Dritten Reiches, so dass sie gleichsam eine Kodifizierung
der an der Weimarer Reichsverfassung geübten Kritik genannt werden konnten. Dass
sie Vorboten einer künftigen Reichsverfassung sein mochten, war den Zeitgenossen
durchaus bewusst.

Trotz aller Erschwernisse brach sich eigenes politisches Leben Bahn. So wie man
Adenauers Politik jener ersten Jahre eine Verbindung von strategischem Realismus
und hochherzigem Idealismus genannt hat, so wirkten auch in den Ländern Politiker
, die ihre idealen Vorstellungen nicht voll verwirklichen konnten, aber die Chance
akzeptabler Kompromisse zu ergreifen gewillt waren. Demokratisches, liberales und
föderalistisches Gedankengut wurde mit Nachdruck, Überzeugungskraft und innerer
Bewegung vertreten. Deshalb lehnte man in Württemberg-Baden den Vorschlag
ab, zum Ausdruck zu bringen, dass die Verfassung in einem Zustand der Unfreiheit
unseres Volkes zustande komme. Man wollte, dass die eigene grundsätzliche Haltung
ohne Vorbehalte ihren Niederschlag finde. Die Verfassung sollte nicht verstanden
werden als Anpassung an die Herrschaft einer fremden Macht. Sie konnte in der
Tat beitragen zu größerer Unabhängigkeit und zur Entwicklung einer demokratischen
Gesinnung, dazu bekannte man sich auch in der französischen Zone. Die
rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg griff den
Widerspruch auf, der zwischen der Gewährleistung der Grundrechte und dem Bekenntnis
zum Rechtsstaatsgedanken einerseits, der unvermeidlichen Durchlöcherung
dieser Garantien infolge des Besatzungsrechts und der durch die Not bedingten
Verhältnisse andererseits bestehe. Sie fasste ihre Kritik dahingehend zusammen,
dass die neu geschaffenen Verfassungen einen von der damaligen Wirklichkeit weit
entfernten Zustand vortäuschen und die Gefahr heraufbeschwören, die auf dem
Papier stehenden Grundrechte würden zum Gespött werden. Die Konstituante
machte sich diese Sorge nicht zu eigen, sondern vertraute auf die Reife des Volkes,
das aus der Verfassung Hoffnung schöpfen könne. Über die Schwierigkeit der Aufgabe
, demokratische Entscheidungsweisen in der Bevölkerung zu verankern, das
deutsche Volk wieder als anerkanntes Glied in die Gemeinschaft der Völker zurückzuführen
, machte man sich keine Illusionen. Aber nirgends in den umfangreichen
Protokollen finden sich Hinweise auf Resignation, Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung
. Aus vielen Stimmen ist Zuversicht und Gottvertrauen herauszuhören,
manchmal vermischt mit verhaltenem Pathos, das sich in Zitaten der Klassiker niederschlägt
, in Württemberg mit Vorliebe in Versen von Schiller und Uhland, in Freiburg
nicht selten Plato, Aristoteles und Horaz; auch der Alemanne Johann Peter
Hebel kam zu seinem Recht.

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