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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 214
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„Die Deutschen werden von den Besatzungsmächten angepredigt (am wenigsten
von den Franzosen), sich der demokratischen Freiheiten und Verantwortungen zu bedienen
", meinte Theodor Heuss in seinen Aufzeichnungen.4 „Aber", so fährt er fort,
„die Deutschen haben bemerkt, dass ,Demokratie' in den verschiedenen Sprachen
(und Zonen) verschiedene geistige Inhalte ... umschließt. Besatzungsmacht und
Demokratie sind Widersprüche in sich."

An einigen Beispielen möchte ich zeigen, wie systematisch und intensiv die französische
Besatzungsmacht in ihrer Zone das politische Leben in jenen Jahren be-
einflusst und beherrscht hat.

Schon im Oktober 1945 bereiste General de Gaulle, Chef der Vorläufigen Regierung
der französischen Republik, die Zone mit Aufenthalten und Ansprachen in
Saarbrücken, Trier, Bad Ems, Neustadt a. d. Weinstraße, Freiburg und Baden-Baden.
Seine Ansprachen waren versöhnlich und zukunftweisend für die in Aussicht genommenen
Beziehungen zwischen Deutschen und Franzosen.5
In Direktiven an die Delegues Superieurs vom 25. Oktober 1945 griff der in Baden-
Baden residierende Generalverwalter Laffon den Grundgedanken der Versöhnung
auf, warnte aber vor allzu großzügiger und undifferenzierter Anwendung auf die gesamte
deutsche Bevölkerung. Er verwarf auf längere Sicht eine Politik des Zwanges
und der Unterwerfung, bei Wahrung der militärischen, materiellen und moralischen
Interessen der Franzosen: „Notre politique ... devra devenir une politique d'huma-
nite." Die politische Säuberung solle durch die Deutschen selbst durchgeführt werden
. Höfliche Beziehungen zu den deutschen Behörden sollten aufgenommen werden
, auch zu zuverlässigen Privatpersonen. Die Zulassung von Parteien wurde in
Aussicht gestellt, den deutschen Führungskräften solle auf dem Weg einer indirekten
Verwaltung „eine immer größere Verantwortung belassen werden, um die Wiedergeburt
einer staatlichen Gesinnung zu ermöglichen".6

Ein Jahr später hatten sich die Vorstellungen zu den künftigen Verfassungen soweit
konkretisiert, dass der Kommandierende General König sie nicht nur dem Präsidenten
der Republik - am 2. Juli 1946 - vorschlagen, sondern auch - am 8. Oktober
1946 - in den Verordnungen No. 65-67 die Bildung Beratender Landesversammlungen
für Baden, Württemberg-Hohenzollern und Rheinland-Pfalz anordnen
konnte.7 Die Kompetenz dieser Versammlungen war äußerst vorsichtig bemessen.
Sie konnten sich äußern zu Fragen, mit denen sie von der Regierung befasst wurden.
Im Einvernehmen mit der Regierung hatten sie den Verfassungsentwurf aufzustellen
, welcher der Volksabstimmung zu unterbreiten war. Mit dieser Bindung an die
Aktivität der Regierung war sichergestellt, dass die unauffällige Steuerung durch die
Besatzung nicht durch parlamentarische Initiativen oder Eingriffe gestört werden
konnte. Großes Gewicht wurde darauf gelegt, dass die Länder Staatsqualität erhielten
und ihre Stellung gegenüber einer künftigen Zentralgewalt gestärkt werde.
Neben den Grundrechten spielte darum der föderative Charakter Deutschlands und
die Autonomie der Länder eine große Rolle.

Ebenso wie die Amerikaner und Briten besetzten auch die Franzosen in einer Politik
der indirekten Herrschaft, also der Steuerung durch Anweisungen, die wichtigen
Ämter im Staat und in den Gemeinden. Beispiele dafür sind in Stuttgart Reinhold
Maier und Theodor Heuss, in Hessen der aus Schönau im Schwarzwald stammende

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