Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 225
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2001/0225
Es ist symptomatisch für die ersten Monate der Besatzungszeit, dass man sich
zunächst der umwälzenden Veränderungen nicht voll bewusst wurde, zumal Mangel
an Lebensmitteln und Rohstoffen, Reglementierung und Wohnungsnot für die Zeit
des Nationalsozialismus ebenfalls typisch gewesen waren. Ein geordneteres Leben
begann erst im Herbst, als der Aufbau der Militärregierung Fortschritte zeigte. Im
Juli war die französischen Landesmilitärregierung von Karlsruhe nach Freiburg gezogen
, wo sich schon die örtliche Militärregierung befand.

Da Freiburg die Landeshauptstadt Badens - eigentlich nur Südbadens - war, befanden
sich die badischen Ministerien und das Landesernährungsamt ebenfalls dort.
Die Wohnungsnot wurde dadurch immer brennender, zumal die Besatzungsmacht
zusätzliche Wohnungen für die 3.000 Personen der Landesmilitärregierung forderte.
Außerdem kamen im Lauf dieses ersten Besatzungsjahres rund 30.000 Freiburger in
ihre Heimatstadt zurück, darunter ehemalige KZ-Insassen, politisch Verfolgte und
auch Kriegsgefangene. Eine liste des nazis typiques musste anfertigt werden, nach
der die Requirierung von Wohnungen vorgenommen wurde. Nebenbei: Wer vorher
schon eine einflussreiche Position hatte, verstand es auch nach Kriegsende, sich von
den Franzosen sogenannte Schutzbriefe ausstellen zu lassen. Gerade die Beschlagnahmung
von Wohnraum stieß in der zerbombten Stadt auf heftigen Widerspruch.
Zu Beginn des Jahres 1946 wohnten noch mehr als 1.000 Familien in Behelfsunterkünften
, in Ruinen, Kellern, Schuppen usw. ohne Kochmöglichkeit. Mehr als 5.000
waren auf Gemeinschaftsverpflegung angewiesen, und weitere 10.000 aßen in Gaststätten
. Freiburg hatte mit 8 Prozent den höchsten Anteil an Gemeinschaftsverpfleg-
ten in Südbaden.7 Die Stadt bildete einen Ernährungsausschuss, und die Freiburger
„Nothilfe", eine Arbeitsgemeinschaft verschiedener Organisationen, richtete Notküchen
ein, so z. B. in der Rhodia.

Der Hunger und seine Folgen

An knappe Rationen war man seit langem gewöhnt, gehungert hatte man schon Monate
vor Kriegsende: Im März 45 standen einem „Normalverbraucher" gerade 150 g
Brot täglich zur Verfügung. Man „schob Kohldampf, der ewig hungrige Magen
rebellierte ständig. Im Sommer 1945 gab es erneut nur 145 g Brot - 3 Scheiben! -
auf die entsprechenden Abschnitte der Lebensmittelkarten, dazu etwas Fett und ein
paar Kartoffeln, zusammen etwa 600 Kalorien (cal). Die Norm der ausgegebenen
Nahrungsmittel war von der französischen Militärregierung auf 1.550 cal festgesetzt
worden, wobei diese Zahl noch erheblich unter der vom Völkerbund als Richtwert
bestimmten Menge von 2.400 lag. Im Durchschnitt konnten in ,guten' Monaten
1.200 bis 1.300 cal auf Karten bezogen werden, in schlechten um die 1.000, bevor
es zur absoluten Krise im Frühjahr 1947 kam. Diese hatte verschiedene Gründe:8

- Während des „Dritten Reichs" waren schon die Reserven aufgebraucht worden.

- 1945 wurde infolge der Kriegseinwirkungen nur etwa die Hälfte der Vorjahresernte
erreicht, 1946 fiel die Kartoffelernte außerordentlich gering aus, Saatgut und
Düngemittel fehlten.

- Südbaden wies schon vor dem Krieg eine geringe Selbstversorgungsrate mit landwirtschaftlichen
Produkten auf. Berechnungen zufolge konnte die Ernährung
höchstens zu drei Vierteln aus dem eigenen Gebiet gedeckt werden. Vor allem

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