Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 250
(PDF, 59 MB)
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war die Hilfe der Deutschen in der Schweiz gefragt.10 Beim Aufbau der amerikanischen
Deutschlandhilfe haben Deutschamerikaner entscheidend mitgewirkt. Das gilt
nicht nur für den „Schwabenverein" in Chicago, der einmal rund 1000 kg Schmalz
extra nach Freiburg schickte. Einen Großteil der Spenden für das Amerikanische
Hilfswerk für Deutschland haben Deutschamerikaner aufgebracht. Auch die Quäkerhilfe
beruhte nicht selten auf landsmannschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen
(Harry Pfunds Vorfahren stammten z.B. aus Baden). Wer hoffte damals
nicht auf ein CARE-Paket von einem „Onkel aus Amerika"!

Das letztlich entscheidende Motiv für die internationale Solidarität lag indes in
dem, was man wohl einfach „Mitmenschlichkeit" nennen darf. Einer der großen Helfer
im Nachkriegs-Freiburg war Arne Torgersen. Sein Sohn schrieb vor einigen Monaten
in einem Brief: „Was mein Vater getan hat, mag ungewöhnlich erscheinen,
aber ... vielleicht kann man seine Beweggründe am besten aus einer Art praktischer
Moral jenseits einer bestimmten Religion, Ideologie oder sonstigen festgefügten
Weltanschauung verstehen: Wenn Menschen so leiden und man imstande ist, ihnen
zu helfen, kann man nicht einfach wegschauen und so tun, als wenn nichts gewesen
wäre. Und man kann sich auch nicht hinter einer ominösen Schuldzuweisung verbergen
, denn die Frage, ob einzelne dieser Menschen nun schuldig oder unschuldig
sind, ist irrelevant angesichts ihrer Not."11

Wir wissen aus Torgersens Autobiographie, wie er in den Trümmern von Freiburg
nach eigenem Urteil zu einem andern Menschen wurde. Er hatte bis zum Kriegsende
als Sprecher der „Stimme Amerikas" in London zum bedingungslosen Kampf gegen
die Deutschen agitiert. Dann erlebte er hier die erste Trümmerstadt, und da wirkten
die Zerstörungen auf ihn „so niederschmetternd sinnlos", dass er beschloss: „Ich
muß bei den Deutschen bleiben und versuchen, ihnen zu helfen."12

Kontakte

Am Beispiel von Torgersen lässt sich auch ein Grund erkennen, weshalb gerade Freiburg
zu einem Schnittpunkt der Auslandshilfe geworden ist. Ein Zufall, eine persönliche
Beziehung, ein spontaner Entschluss. Die persönlichen Beziehungen haben
auch die Quäkerhilfe für die gesamte französische Zone nach Freiburg gebracht. Es
war Professor Noeggerath, der erste Direktor der Universitätskinderklinik, der bereits
nach dem Ersten Weltkrieg mit dem damaligen Leiter der Quäkerhilfe für
Deutschland, MacMaster, zusammengearbeitet und Freundschaft geschlossen hatte.
Bald nach Kriegsende 1945 traf er sich mit MacMaster, der inzwischen in Basel
wohnte, und fädelte mit ihm gemeinsam das Quäker-Projekt für Freiburg ein.13 Ihrer
Initiative hatte es die Stadt zu verdanken, dass Freiburg zum Zentrum der Quäkerhilfe
für die französische Zone wurde. Schon bevor die ersten Hilfsgüter aus Übersee
eintrafen, übernahmen die Quäker Transportdienste für die notleidende Bevölkerung
, holten mit ihren LKWs Kartoffeln aus Bayern, Brennholz aus dem Schwarzwald
, Suppen und Kakao aus der Schweiz. Beim Alten Wiehre-Bahnhof ließen sie
Baracken errichten, neben denen des Schweizer Hilfswerks, und dort erinnert noch
heute der Straßenname an die Zeit vor 50 Jahren.

Neben individuellen Zufällen und persönlichen Beziehungen gab es indes eine institutionelle
Voraussetzung für die besondere Rolle unserer Stadt in der Organisation

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