Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 266
(PDF, 59 MB)
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schaffend, wird Hans Franke, Freiburg, zu nennen sein, in dessen Besonderheit sich
schlesisch-böhmische und südwestdeutsche Blutbindungen kreuzen." Das alles
muss der totgeschossene Vater gelesen, zumindest respektvoll durchblättert und betrachtet
haben, diese Zeichnung eines westfälischen Jungbauern von Wolf Willrich,
diese alemannischen Fibeln, Tragaltäre des Weifenschatzes, und diese Holzschnitte
aus dem Helgilied der Edda eines gewissen Klaus Wrage, der seinen Werken den
Satz hinzufügte: „Und so wollen wir durch Pflege des Holzschnitts an dieser Mission
nordisch-deutscher Seele mitarbeiten."

Sorgfältig hat der Hauptlehrer Karl Heidenreich seinen gotisch gestalteten Stempel
auf die gegen die „Verschlammung" gedruckten „Bild"-Hefte für das Deutsche
Kunstschaffen in Vergangenheit und Gegenwart gesetzt. Auch auf das Heft 10 des
Jahrgangs 1939, in dem die Kunstschriftleiterin Bettina Feistel-Rohmeder von der
Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst zu München berichtete
und in einem Saal „von überwältigender Größe, darstellend das Fronterlebnis
„außer Atem kommt." Sie schreibt: „Eindringlicher konnte nichts über die vorhandene
Meisterschaft Deutscher Künstler und den in Not und Gefahr, in Bezwingung
härtester Widerstände zusammengeschmiedeten Kameradschaftsgeist unserer
Wehrmacht aussagen als diese Reihung ... Die Mitte der Hauptwand beherrschte
Wilhelm Sauters Monumentalgemälde „Die badischen Leibgrenadiere bei Cambrai
1917", sinnig flankiert durch die von Roman Feldmeyer festgehaltenen Erinnerungsbilder
„Fromelles - hier kämpfte Adolf Hitler". In unseren Tagen, da wir den
Kampf neu aufgenommen haben und in eiserner Entschlossenheit die äußere und innere
Front wahren, wissen wir, dass Adolf Hitler das beste Soldatentum der Welt,
das jene Bilder verewigten, zum Siege führen wird."

Zehn Jahre später, 1949, hat man derlei verlegen durchblättert und verzweifelt
weggelegt und gewusst, dass der Riss durch diese heroischen Bilder mitten durch
viele geglaubte Sätze, durch viele Leben ging, dabei auch mitten durch das eigene.
Eben hatte man sich noch beim fleißigen Abzeichnen der Abbildungen dieser Hefte
in die Lineaturen der Muster eingefühlt, hatte dem „besten Soldatentum der Welt"
in den durch Liszts Les Preludes eingedröhnten Siegesmeldungen des Radios bei der
Rettung des Abendlandes zugesehen, als ein lautes Weinen schwarzgekleideter
Frauen in den frühen Zimmern dieser Jugend anzeigte, dass etwas Wesentliches zu
Ende gegangen war. Dass sich hinter der wankenden Kulisse pompöser starkdeutscher
Wörter und Bilder eine bedrohliche Gegenwahrheit anzumelden begann. Man
musste nach den Totenmessen für die vielen Männer und nun auch für diesen Vater
bald unter einem brandroten Himmel erfahren, dass eine nichtbefestigte Heimat-
Stadt zerstörbar und durch keinen Abwehrzauber von Worten, Tönen und Gebeten
zu schützen gewesen war. Dass der Münsterturm noch stand, nahm man in dieser
Stadt als Fügung und Fingerzeig auf einen höheren, rettenden Sinn in dem Geschehen
, das man nicht „Befreiung von der Naziherrschaft", sondern „deutsche Katastrophe
" und „Zusammenbruch des deutschen Reiches" nannte.

Reinhold Schneider, den wir vom Lorettoberg schwarzgekleidet an zwei Stöcken
beschwerlich und langsam zum Annakirchle gehen sahen, schrieb am 23. Mai 1945,
am Tag, an dem die Reichsregierung nicht mehr existierte, in einen Band mit dem
Titel Stimme des Abendlands für einen Besucher drei Zeilen auf, die man früher Ge-

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