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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 107
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2002/0107
Erinnerungen an Eleonore von den Steinen (1867-1944)
Ein jüdisches Schicksal unter den NS-Rassengesetzen

Von

Gabriele C. Pallat

Kurz vor Ostern 2001 besuchte ich das Altersheim „Stahlbad St. Antonius" in Freiburg
-Littenweiler. In ihm lebte von 1938 bis 1944 meine Großmutter Eleonore von
den Steinen, geb. Herzfeld. Als Kind - ich bin Jahrgang 1932 - habe ich sie dort im
„St. Antoniushaus", wie es damals noch hieß, häufig besucht. Noch heute steht im
Treppenhaus des Altersheims die Standuhr, Typ „sieben Geißlein-Uhr", die aus dem
Elternhaus meiner Mutter in Berlin stammt und von der Großmutter ins Antoniushaus
gebracht worden war. Diese Uhr veranlasst mich, etwas von ihrer Besitzerin zu
erzählen.

Sie wurde 1867 in Düsseldorf als Tochter wohlhabender jüdischer Eltern geboren.
Joseph Herzfeld (1824-1901) und Ida geb. Hallgarten (1837-1899) heirateten 1856
in Hoboken bei New York. Dorthin war der aus Neuss am Rhein stammende Fabrikantensohn
nach dem Scheitern der 1848er Revolution emigriert. Von den liberalen
und republikanischen Strömungen seiner Zeit ergriffen, war er 1848 an die Spitze
des „Democratischen Clubs" in Neuss getreten und hatte sich am „Zeughaussturm
nach Neuss" beteiligt. Er musste schließlich untertauchen und das Land verlassen.
Sein Glück suchte er 1849 in den USA - mit großem Erfolg: Er wurde Bankier,
machte im Börsenhandel ein Vermögen und trat als großer Mäzen hervor. Nach seiner
Rückkehr aus Amerika soll er in Berlin einen Bettelbrief etwa des Inhalts erhalten
haben: „Verehrter Herr Herzfeld, ich habe Sie in die Zahl meiner Wohltäter aufgenommen
!" Zur weiteren Verwandtschaft gehörten später der Dada-Künstler John
Heartfield und der Verleger des Malik-Verlags, Wieland Herzfelde.

Joseph Herzfelds Frau Ida war die Schwester eines noch größeren Mäzens, der
auch sein Geld als Bankier in New York gemacht hatte und dann in Frankfurt lebte:
Charles Hallgarten (1838-1908). Er ist im Jüdischen Museum in Frankfurt dokumentiert
als „Bankier, einer der bedeutendsten Philanthropen Frankfurts, Promotor
und erster Vorsitzender der Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kulturdenkmäler
".

Meine Großmutter heiratete 1889 den bekannten und heute wieder neu entdeckten
Ethnologen Karl von den Steinen (geb. 1855), der mit zwanzig Jahren 1875 als
„jüngster deutscher Doktor med." mit einer Arbeit „Über den Anteil der Psyche am
Krankheitsbild der Chorea" (i.e. Veitstanz) promoviert wurde. Der angehende Psychiater
wurde aber ein weitgereister Ethnologe und 1904 einer der Direktoren am
Berliner Völkerkundemuseum. Bücher entstanden über seine Erfahrungen mit Indi-

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