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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 73
(PDF, 58 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0073
Einwanderung aus Savoyen nach Deutschland 1500-1800.
Grundzüge und ausgewählte Familien*

Von
Martin Zürn

1. Grundzüge savoyischer Einwanderung

Glaubt man den Dekreten und Verlautbarungen der Obrigkeiten, dann hatte auch die süddeutsche
Gesellschaft der Frühen Neuzeit ein sogenanntes Ausländerproblem. Stereotyp wurde der
Vorwurf erhoben, „welsche Krämer" zögen in Scharen durch das Land, würden Steuern und
Zölle hinterziehen und das unwissende Volk mit falschen Münzen und minderwertigen Waren
betrügen. Für wandernde Krämer wurde die Herkunftsbezeichnung „Savoyarde" zum Synonym
. In Rundschreiben wurde diese Gruppe nicht nur mit Wirtschaftsdelikten, sondern auch
mit Raubmord und Brandstiftung in Verbindung gebracht und in einem Atemzug mit Betteljuden
und Zigeunern genannt.1

Beispielsweise geriet 1731 der 18jährige Kraxenträger Michel Bouteillier aus Sallanches in
Savoyen in die Fänge der Freiburger Strafjustiz. Ihm wurde der Umtausch verbotener Münzen
im Wert von 63 Gulden angelastet, mit denen er angeblich Schulden bei einem Basler Kaufmann
bezahlen wollte. Bouteillier gab an, für den in Löffingen wohnhaften Savoyer Maurice
Provence Waren über Land zu tragen.2 Dieser wiederum war zweifellos mit den Brüdern Claudius
Peter, Johannes und Nikolaus Provence verwandt, deren Familie schon in der dritten Generation
im Fürstenbergischen hausierte. Ein Michel Provence aus Sallanches, verheiratet mit
Clara Perollaz, gründete in Donaueschingen eine bis heute bestehende Linie. „Welschclaudy"
Claude Peter Provence war mit Clara Perulla verheiratet; der Sohn Johann Baptist, geboren am
24. Januar 1736 und verheiratet mit Johanna Sautier aus Geisingen, übernahm ihr Geschäft.3

Menschen wie Michel Bouteillier schienen das zeitgenössische Bild prekärer und gleichzeitig
sehr mobiler Existenzen zu prägen, die unter Nutzung enger landsmannschaftlicher So-

* Für diese Veröffentlichung wurde der Vortrag des Verfassers vor der Genealogischen Vereinigung Freiburg vom
29. Januar 2002 umgearbeitet und erweitert. Die Quellen wurden im Rahmen des von Prof. Dr. Mark Häberlein,
Universität Freiburg i.Br., geleiteten Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft über Möglichkeiten und
Grenzen der Integration ethnischer und religiöser Minderheiten in der Frühen Neuzeit bearbeitet. Weitere Informationen
unter: http://www.uni-freiburg.de/histsem/minderheiten.

1 Karl Martin: Die Einwanderung aus Savoyen nach Südbaden. Ein Beitrag zur Erforschung der blutmäßigen
Zusammensetzung unserer Bevölkerung. In: Schau-ins-Land 65/66, 1938/39, S. 7 f.; Monika Spicker-Beck:
Räuber, Mordbrenner, umschweifendes Gesind. Zur Kriminalität im 16. Jahrhundert (Rombach Wissenschaft -
Reihe Historie 8). Freiburg 1995, S. 201-205; Martin Zürn: „Damit man des unnützen Volks abkomme". Savoyer
und andere Welsche in Süddeutschland zwischen Sesshaftigkeit und Vagantentum. In: Minderheiten, Obrigkeit
und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. Integrations- und Abgrenzungsprozesse im süddeutschen Raum.
Hg. von Mark Häberlein u. Martin Zürn. St. Katharinen 2001, S. 141-181, hier S. 176 ff; Wolfgang Scheffknecht
: Fremde Wanderkrämer und Kessler in der Grafschaft Hohenems und im Reichshof Lustenau. In: Ebd.,
S. 233-267, hier S. 261.

2 Martin (wie Anm. 1), S. 33; auf der Grundlage von: Verhör des Michel Bouteillier, Turmamt Freiburg,
15.1.1731. Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), Cl Criminalia 38, Nr. 4*. Die Pakete 30-45 dieser Serie mit der Laufzeit
1700-1749 wurden vom Verfasser nach Absprache mit dem Stadtarchiv provisorisch neu verzeichnet. Die
mit * markierten Büschelnummern dienen der vorläufigen Orientierung im jeweiligen Paket.

3 Franziska Raynaud: Savoyische Einwanderungen in Deutschland (15.-19. Jahrhundert). Neustadt a.d. Aisch
2001, S. 29; Martin (wie Anm. 1), S. 29 u. 106.

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