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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 90
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aus dem Nachlass waren jedoch bevorrechtigte Forderungen zu befriedigen, u.a. das Heiratsgut
der Ehefrau und Witwe, dazu mehrere Legate. Um die Prioritäten entbrannte nun ein langer
Streit zwischen der Erbengemeinschaft, die von dem Universitätssyndikus Sebastian Villinger
vertreten wurde, der wiederum mit Barbara Morell verheiratet war. Innerhalb der Erbengemeinschaft
spielte ferner die Familie Flader/Fladerer eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt
weil Johann Ludwig Morell überzogene Ansprüche an die Erbschaft anmeldete, traten sich die
Parteien Flader, Villinger und Johann Ludwig Morell mit Familie schließlich als Prozessgegner
gegenüber.

Als Morells Mutter Anna Flader um 1624 starb, ergab die Nachlassinventarisierung ein Vermögen
von knapp 5.000 Gulden, wovon allerdings 3.500 Gulden an meist verwandtschaftlichen
Ansprüchen abzuziehen waren.60 Die Brisanz aller weiteren Auseinandersetzungen lag
nun darin, dass von den Aktiva über 4.000 Gulden aus dem Erbe des Andreas Morell herrührten
, d.h. bereits lange zwischen Stadt und den Erbenparteien umstritten waren. Schließlich
musste gar die vorderösterreichische Regierung in Ensisheim unter Kanzler Isaac Vollmar die
Konflikte per Urteil beenden.61

Die Krise der Familie Morell in Freiburg versinnbildlicht sich in Johann Andreas, dem Sohn
des Hans Ludwig. 1610 stand er wegen Schlaghändeln vor Gericht und wurde zu einer Mark
Silber Strafe verurteilt. Wegen nächtlicher Krawalle, bei denen angeblich er Steine ins Fenster
der Kaltenbachin geworfen hatte, stand er 1613 erneut vor dem Magistrat, was ihn außer vorübergehender
Haft nun 4 Mark Silber kostete.62 Dennoch wurde er 1614 in die Krämerzunft
aufgenommen.63 Die Möglichkeit zum Handel hatte er wohl ausschließlich seinem Vater zu
verdanken, nach dessen Handelsbuch er bei ihm zum Jahresende mit 500 Gulden in der Kreide
stand.64 Seine Neigung zu schweren Schlaghändeln litt dadurch keineswegs. 1615 musste er
sich einem Straf- und Schadenersatzprozess wegen Beleidigung und schwerer Körperverletzung
des Johannes Gratwohl stellen, entzog sich dem Verfahren aber vorübergehend. Morell
junior büßte diesmal mit 10 Kronen Strafe, 34 Gulden Schadenersatz an den Kläger sowie mit
Übernahme der Gerichtskosten.65 Wiederum ein Jahr später wurde er von einem Elias Krön
wegen 652 Gulden Schulden verklagt. Auch in diesem Prozess kam das rabiate und unnütze
Verhalten des zur Fahndung ausgerufenen Beklagten zur Sprache.66 Wegen Flucht aus der
Stadt, Gotteslästerung, Wiederstandes gegen die Staatsgewalt und Schuldenmacherei musste
er 1617 als Hintersasse Urfehde schwören und seine Schmachworte widerrufen, wurde der
Stadt verwiesen und zu zweijährigem spanischem oder österreichischem Kriegsdienst verurteilt
.67

60 Siehe u.a. die Erbstreit Verhandlungen Freiburg 8.1.1626, in: StadtAF, Cl Erbschaften 185.

61 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 57, fol. 450v-451v, Freitag 9.1.1626.

62 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 45, fol. 758r, Freitag 20.8.1610; fol. 760v, Montag 23.8.1610; fol. 762r,
Mittwoch 25.8.1610; StadtA Freiburg B 5 XHIa Ratsprotokoll Bd. 47a, fol. 171v, Freitag 7.6.1613; fol. 255r,
Mittwoch 7.8.1613; fol. 263v, Mittwoch 14.8.1613; fol. 267v, Montag [!] 19.8.1613; fol. 270r, Mittwoch
23.[21.!]8.1613.

63 Krämer Hans Andres Morel, 1614 Zunfteintritt in die Krämerzunft zum Falkenberg. Zunftregister Freiburg 1493-
1796. StadtAF, B5 XXIIIb Bd. 13, o.S., o.D.

64 Hanns Andreas Morell erhielt zwischen 14.12.1613 und 24.7.1615 in 31 Buchungen Bargeld und Waren, wofür
er Johann Ludwig Morell zuletzt 175 fl 9 b 4 d schuldete, nach: Handelsbuch Johann Ludwig Morell, 1612-1616.
StadtAF, E 1 B III d 3, fol. 148r f. Es folgten weitere 50 Käufe des Hans Andreas Morell zwischen 26.7. und
2.12.1614, wonach der Schuldenstand 424 fl 9 b 0,5 d betrug (ebd., fol. 192r f.) Vom 5. bis 30.12.1614 wurden
weitere 5 Transaktionen über 3 fl 8 b 10 d notiert. Die Geschäftsbeziehung schließt mit der Bemerkung: Nacher
Straßburg Geben 177fl 2 b (ebd., fol. 212r). Daraus ergibt sich ein Gesamtschuldenstand von 501 fl 19 b 10,5 d.

65 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 50, fol. 70v, Freitag 27.3.1615; fol. 191r, Freitag 24.7.1615; fol. 306r, Freitag
13.11.1615; fol. 344v, Montag 14.12.1615; fol. 347r, Montag 16.12.1615; fol. 437v, Montag 21.3.1616.

66 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 50, fol. 486r, Montag 30.5.1616; fol. 556v, Freitag 5.8.1616; fol. 571v,
22.8.1616; fol. 600v f., Freitag 30.9.1616; fol. 601v, Montag 3.10.1616; fol. 620v, Mittwoch 19.10.1616.

67 U.a. hatte Morell „die pistolen uf die statt losgebrannt", verschiedene Händel angefangen und Bürger bei fremden
Obrigkeiten in Arrest nehmen lassen. StadtAF, Urkunden Xlf, Urfehde Nr. 875, 31.5.1617.

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