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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 116
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0116
Dortu."15 In den Denkwürdigkeiten des „Generals" Franz Sigel dagegen, dem Verantwortlichen
für die Tätigkeit Dortus in Freiburg, die zu seiner Festnahme führen sollte, finden sich dagegen
keine verwertbaren Hinweise zur Person unseres Pelden'.16 Ganz anders hingegen lesen sich
die Reminiszenzen eines Revolutionsgeschädigten, der die harte Hand Dortus zu spüren bekam.
Denn im Amtsbezirk Gernsbach - so weiß der Hugsweierer Pfarrer K. Hagenmeyer zu berichten
- übten die revolutionären Machthaber „einen so brutalen Terrorismus aus, daß auch die geringste
Aeußerung der Unzufriedenheit über die damaligen Zustände die Gefahr der Einkerkerung
und anderweitigere Mißhandlungen nach sich zog".17 Dies musste auch der Diakonus
Kayser erfahren, der zusammen mit zehn anderen, den neuen Verhältnissen ablehnend gegenüberstehenden
Bürgern, darunter auch Pfarrer Weingärtner aus Weißenbach,18 am Abend des
24. Juni 1849 unsanft aus dem Schlafe gerissen wurde unter „furchtbarem Gepolter an unseren
Fensterläden. Meine Frau öffnet ein Fenster und sieht mit Entsetzen die Straße voll Bewaffneter
. , Aufgemacht!' ruft es donnernd, und herein trat der ,Major' Dortu, ein junger Atheist, um
mich im Namen der provisorischen Regierung zu verhaften. Dem Flehen, den Thränen, den Fragen
meiner Frau setzte er barsche rauhe Antworten entgegen."19 In diesem Falle jedoch hatte
sich Dortu eines Regierungsauftrages entledigt, für den er im Begleitschreiben zu der Liste der
Arretierten den Festungskommandanten von Rastatt um „Bescheinigung der richtigen Ablieferung
"20 ersuchte. Spätestens jetzt können wir die vorsichtige, eher zaudernde Haltung Dortus
notifizieren, ohne ihn gleich als Maulhelden charakterisieren zu wollen.

Gernsbach21, von Becker als Zentrum der Bewaffnung des Murgtales unter dem Völks-
wehrkommandanten Dortu bestimmt, hatte besonders unter den Verhältnissen zu leiden.
„Dortu, auf sich allein gestellt, hatte nicht nur den reaktionär gesinnten Teil der Bevölkerung
gegen sich, er konnte auch die Unentschlossenen nicht überzeugen, und die noch revolutionär
Eingestellten fühlten sich ohne ihn mutlos."22 Es stellt sich allgemein die Frage, inwieweit
Dortu seiner militärischen Aufgabe überhaupt gewachsen war. Bei seinem Dienstantritt' im
„Badischen Hofe" in Gernsbach hatte er mit einem eindringlichen Aufruf23 versucht, die freiheitlich
gestimmte Bevölkerung hinter sich und die revolutionäre Bewegung zu bringen. Die
„andrängenden Preußenhorden" des „blutdürstigen Preußenkönigs" scheinen die starken
Worte, mit denen er sich bei der Einwohnerschaft Vertrauen, aber auch Respekt zu erwerben
suchte, zu rechtfertigen. Zugleich wird in diesem Dokument aber auch deutlich, wie sehr die
Erziehung zum Einjährig-Freiwilligen im preußischen Heere ihre Früchte getragen hat: als
Rettungsmittel in der damaligen Situation nennt er „Einheit, festes Zusammenhalten, Ordnung
", basierend auf Vertrauen zwischen Führer und Mannschaft; daneben hat er das Prinzip
der Einzelleitung als allein mögliche Befehlsstruktur auch bei den Freischaren erkannt: „daß
nur Einer befiehlt, und daß seine Befehle unbedingt befolgt werden". Dies beinhalte auch ein
strenges Vorgehen „gegen Widerspenstige, Meuterer und Unruhstifter". Dies Prinzip hat er
dann treulich durchgeführt, wie wir an obigem Beispiel gesehen haben. Sein Bemühen um Or-

15 Zitat nach Wilhelm Blos: Badische Revolutionsgeschichten aus den Jahren 1848 und 1849. Mannheim 1910,
S. 114 f.

16 Denkwürdigkeiten des Generals Franz Sigel aus den Jahren 1848 und 1849. Hg. von Wilhelm Blos. Mannheim
1902, S. 121.

17 K. Hagenmeyer: Die Revolutionsjahre 1848/49. Schilderungen auf Grund eigener Anschauung und persönlicher
Erlebnisse. Karlsruhe 1899, S. 155.

18 GLA, 268 Zug. Nr. 1902/33, 122, f.lOv, 1 lr: Liste der Verhafteten. Die Verhaftung Weingärtners wurde auch in
einer zeitgenössischen Lithographie „Weißenbach am 24. Juni 1849" von H. Dobmann festgehalten.

19 Hagenmeyer (wie Anm. 17), S. 156.

20 GLA, 268 Zug. Nr. 1902/33, 122, f. lOv.

21 Vgl. Winfried Wolf: Gernsbach. In: Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebewegung 1848/49 in
Baden-Württemberg. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archivare im Städtetag Baden-Württemberg
. Karlsruhe 21998, S. 219-226.

22 Ebenda, S. 222 f.

23 „Wehrmänner!", vom 18.VI.1849; GLA, 268 Zug. 1902/33 Nr. 13, f. 16.

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