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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 140
(PDF, 58 MB)
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derts, den die dichterische Phantasie zu einer geradezu tragischen Heldengestalt5 emporstili-
siert hatte, den wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund auszuleuchten, vor dem sich der steile
Aufstieg und tiefe Fall Harters abgespielt hatte, um sodann, im Rahmen eines vergleichenden
Zugriffs nicht nur auf die aktenkundig gewordenen Fakten, sondern auch auf deren poetische
Ausgestaltung im Kontext des Literarischen die grundlegenden Einflussfaktoren zu bestimmen
, die auf Hansjakobs tendenziöse Wiedergabe der historischen Realität zumindest punktuell
eingewirkt zu haben scheinen. Das vorläufige Resultat dieses interpretatorischen Zugriffs
fällt einigermaßen ernüchternd aus, resümiert Wohleb doch die von ihm vorgenommene Aufdeckung
der geschichtlichen Sachverhalte einerseits und die dem Dichter quasi zur Last gelegte
Überformung der historischen Ereignisse andererseits mit der lapidaren Feststellung: Bei
seiner Darstellung des Harterschen Konkurses ließ sich Hansjakob vermutlich von der Familientradition
beraten, keinesfalls von Akten.6

Dass literarische Zeugnisse, selbst wenn deren Urheber hier und da den Eindruck zu vermitteln
bemüht sind, historische Vorgänge ab- oder doch zumindest nachzubilden, bei näherem
Hinsehen häufig Darstellungstendenzen erkennen lassen, die mit dem geschichtlichen
Kern des Erzählten kaum mehr vereinbar sind, ist an sich eine triviale Feststellung und wird
gerade im Fall der poetischen Hinterlassenschaft Heinrich Hansjakobs niemanden verwundern
, behandeln die Texte dieses Schriftstellers doch nicht selten Personen und Ereignisse, die
sich im Kinzigtäler Raum, ja sogar im unmittelbaren verwandtschaftlichen Umfeld des Dichters
ansiedeln lassen,7 was Wechselwirkungen besonders mit der mündlichen Überlieferung geradezu
unvermeidbar erscheinen lässt. Umso wertvollere Einblicke in das historische Substrat
des Erzählten gewähren Archivstudien, die, wie der Fall der Harterschen Konkursakten* zeigt,
eine zumindest fragmentarische Rekonstruktion der zugrunde liegenden Sachverhalte und damit
zugleich die zumindest teilweise Erschließung der sekundären Formkräfte erlauben, die
(im Idealfall) unter Umständen auch Einblicke in die Erzählintentionen des Autors gewähren
können. Dass jedoch eine kritische Durchsicht einschlägiger Archivalien, wie sie Wohleb vier
Jahrzehnte nach Hansjakobs Ableben zum ökonomischen Niedergang eines Schwarzwälder
Vogtsbauern vorgelegt hat, lediglich ein erster Schritt sein kann, versteht sich dabei von selbst,
wobei der vermeintliche 'Nachweis' einer gewissermaßen verfälschenden 'Verzeichnung' der
historischen Realität seitens des Dichters zweifellos zu kurz greift, wäre doch in jedem Fall
zunächst nicht nur eingehend zu prüfen, ob und wie weit dem Erzähler prinzipiell an einer
sachlichen Faktenwiedergabe gelegen war, sondern auch, ob eine solche geschichtliche Darstellung
überhaupt im Bereich des Möglichen lag. Gerade im vorliegenden Fall wissen wir beispielsweise
aufgrund der verdienstvollen Bemühungen des Heimatforschers Hermann Fautz
(1898-1979) um die Edition des Briefwechsels zwischen Hansjakob und dem Waldhüter Josef
Dieterle (1853-1937), dass der Dichter in nicht unerheblichem Maß Informationen in sein
Werk aufnahm, die ihm von sehen eines 'Mitarbeiters' zugetragen worden waren.9 Doch wie
dem auch sei: man wird letztlich kaum umhinkönnen, einer vergleichenden Studie, wie sie

Stadt Rastatt. 4. Dezember 1992-17. Januar 1993. Ausstellungskatalog, zugleich ein Handbuch zu Person und
Werk Heinrich Hansjakobs. Redaktion: Hans Heid in Zusammenarbeit mit Beate Guoth. Rastatt 1993; Manfred
Hildenbrand: Heinrich Hansjakob als Politiker. In: Die Ottenau 68, 1988, S. 53-69; Heinrich Hansjakob
(1837-1916). Festschrift zum 150. Geburtstag. Hg. von Manfred Hildenbrand und Werner Scheurer. Haslach
1987.

4 So Wohlebs Wertung in: Ders. (wie Anm. 3), S. 144.
s So ebd., S. 143 f.

6 Zitiert nach: Ebd., S. 149.

7 Für den 'Fall Harter' ist dies etwa im Rahmen der unter Anm. 9 erwähnten Korrespondenz zwischen Hansjakob
und Josef Dieterle gut dokumentiert. Siehe besonders: Aus der Werkstatt Heinrich Hansjakobs. Der Briefwechsel
mit dem Waldhüter Josef Dieterle. Hg. von Hermann Fautz (Hansjakob-Jahrbuch 2). Freiburg 1964, S. 17 f.

8 So die von Wohleb gewählte Bezeichnung in: Ders. (wie Anm. 3), S. 144.

9 Hierzu siehe besonders: Aus der Werkstatt Heinrich Hansjakobs (wie Anm. 7), S. 11 ff. (zur Person Dieterles),

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