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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 196
(PDF, 58 MB)
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1907, der Enzyklika „Pascendi dominici gregis" vom September 1907 und dem späteren „Anti-
modernisteneid" von 1910, durch welche Pius X. die Kirche gegen alle neuen wissenschaftlichen
, vor allem evolutionsbiologischen sowie auch gesellschaftlichen Strömungen abzuschotten
suchte. Kurz: Das Programm des FZAS war angesichts laizistischer Entwicklungen
im benachbarten Frankreich von 1905, in den Kantonen Genf und Neuchätel von 1909 und in
Basel-Stadt 1910 antiklerikal und ähnelte dem des französischen Grand Orient de France.

Etwaige Berichte von Martz über seine Freiburger Kaffeehaus-Gespräche mit möglichen
„Suchenden" (Aufnahmewilligen) aus der Zeit Mai 1909 bis zum Sommer 1911 - falls eine
nennenswerte Anzahl überhaupt stattfand - sind nicht überliefert. Dagegen gibt es einige Aussagen
zur Entwicklung der Basler FZAS-Loge (der Martz angehörte und sie mehr oder weniger
regelmäßig besucht haben dürfte), wonach dort die Mitgliederzahl von maximal 22 aufgrund
innerer, anscheinend gescheiterter Klärungsversuche über Zielsetzungen o. ä. auf acht
Brüder zurückgegangen war, indem sich elf von ihnen einer Elsässer Loge in Mülhausen zuwandten
, sodann eine Streichung vermutlich wegen Beitragsrückstands vorgenommen wurde
und schließlich zwei Mitglieder die Bauhütte verlassen hatten. Unter den Letztgenannten befand
sich, wie die „Vertraulichen Mitteilungen des (FZAS-) Bundessekretariats" im Heft 3
vom September 1911 ausweisen, Gustav Ernst Martz. Mit seinem Austritt erlosch dann auch
das Freiburger Kränzchen „Zum freien Geist im Süden".

Wenig Fortschritte machte auch die Basler FZAS-Loge „Zur Freiheit und Wahrheit", die
sich nach rund fünfjähriger Existenz auflöste. An ihrer Stelle etablierte sich die heute noch
existierende, Anfang der Zwanziger jedoch in die reguläre Schweizer Großloge „Alpina" übergewechselte
FZAS-Loge „Sapere Aude" in Zürich.

Die FZAS-Loge „Zur Brudertreue"

Die rasche Ausbreitung des Nürnberger (Reform-)„Freimaurerbundes Zur Aufgehenden
Sonne" im Deutschen Reich, in der Schweiz sowie im östlichen und westlichen Mitteleuropa
war insbesondere dem Umstand zu verdanken, dass die Gründer zu Beginn des 20. Jahrhunderts
auf einer durch das ganze deutschsprachige Europa ziehenden Welle der auf der materialistisch
-monistischen Lehre Ernst Haeckels und seiner Darwinismus-Rezeption aufbauen
konnten. Wissen statt Glauben, lauteten die Überzeugungen; Wahrheit suchen statt Fürwahrhalten
, diktierte die Vernunft; Monismus statt Dualismus, lehrte eine Reihe modern denkender
Naturwissenschaftler. So war die öffentliche Meinungsbildung dermaßen nachhaltig beein-
flusst, dass sie ab zirka 1906 mit ersten Höhepunkten 1908 und 1913/14 die seinerzeit größte
Kirchenaustrittsbewegung im 20. Jahrhundert nach sich zog. Wenngleich die FZAS-Initiative
im katholisch geprägten Freiburg in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg noch erfolglos geblieben
war - die tieferen Gründe dafür bleiben zu untersuchen -, hatte sich die Atmosphäre nach
dem verheerenden Weltkriegsereignis so einschneidend geändert, dass die Menschen im Lande
für gesellschaftspolitische Veränderungen auf eine Art zugänglich geworden waren, wie das in
der halben und weiteren Dekade davor noch kaum jemand ahnen mochte.

Zäsuren solcher Art - gleichsam Paradigmenwechsel in Deutschland - waren beispielsweise
die Einführung des Achtstundentages (1.1.1919), das Frauen Wahlrecht (19.1.1919), der Amtsantritt
der ersten frei gewählten Reichsregierung (13.2.1919), Schwarz-Rot-Gold werden zu
den deutschen Nationalfarben (18.2.1919), die erstmalige Beratung der Grundrechte des deutschen
Volkes für eine Reichsverfassung (28.5.1919) oder die Gründung des Allgemeinen Deutschen
Gewerkschaftsbundes in Nürnberg (5.7.1919). Des Weiteren stand die Bildungsdiskussion
das ganze Jahr über im Deutschen Reich im Zeichen der Auseinandersetzung zwischen
Staat und Kirche; und es breitete sich flammenartig eine Pazifismuswelle über das Land aus,
die viele Menschen veranlasste, friedenspolitisch aktive Ortsgruppen zu bilden oder sich entsprechend
publizistisch zu engagieren.

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