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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 225
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schlecht vorstellbar, dass die Direktorenstelle der Freiburger Lehrerbildungsanstalt, zuständig
für die Ausbildung von Volksschullehrern katholischen Bekenntnisses, ohne den Segen der regierenden
Zentrumspartei vergeben worden wäre.67 Als Leiter dieser Institution erregte er 1930
mit einer Rede in Säckingen weithin Aufsehen und ministeriellen Ärger, weil er darin die Ausweitung
der katholischen Bekenntnisschule forderte und damit an die heikle konfessionelle
Balance in Baden rührte. Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) reichte das parteipolitische
Wohlwollen aus, um ihn 1932 in eine noch wichtigere Position zu befördern.

Zunächst musste jedoch die auf den 1. Juni 1932 terminierte Amtsübergabe ausfallen, weil
Dr. Bergmann für längere Zeit erkrankt war. Als wiederverwendeter Ruhegehaltsempfänger
führte Dr. Martin die Amtsgeschäfte bis zum 1. September fort.68 Mit Schreiben vom 6. September
1932 kündigte Dr. Bergmann dann den Freiburger Schul- und Fachleitern seinen
Dienstantritt an.69 Seine Amtsführung bewegte sich entlang gut eingespielter Routine. Richtungsweisendes
war in den weniger als zwei Jahren seiner Seminarleitung ohnehin nicht zu erwarten
, zumal er sich mit den tagtäglichen Organisationsproblemen einer schnell wachsenden
Referendarzahl zu befassen hatte. Wenn überhaupt prägten sehr persönliche Eigenarten seinen
direktoralen Stil. Dr. Ott, Leiter des Karlsruher Seminars, der als Regierungsbeauftragter der
Frühjahrsprüfung von 1933 vorstand, charakterisierte ihn wie folgt: Seine ganze tiefgründige
Art, alle Fragen der Erziehung und des Unterrichts auf letzten allgemein philosophischen und
weltanschaulichen Ursprung zu gründen und mit den Zusammenhängen von Einzelleben und
Staatsleben zu verbinden, verlangt vom Geprüften eine Einstellung, die eine längere Gemeinschaft
der Arbeit in Schule und Seminar voraussetzt.10 Es fällt auf, dass der Ton seiner Anweisungen
in der Regel schärfer ausfiel als der seines Vorgängers.71 Charakteristisch für ihn
scheint auch ein Zwischenfall im Februar 1933 gewesen zu sein, bei dem er einen hochangesehenen
Mathematiker vor versammelter Fachleiterschaft als Hanswurst titulierte und damit
eine Woge der Empörung auslöste, die bis nach Karlsruhe schlug.72

Am 11. März 1933 drängte der NS-Gauleiter Robert Wagner die demokratische Regierung
Schmitt handstreichartig aus dem Amt73 und übernahm damit die Regierungsgewalt in Baden.
Gleichzeitig präsentierte er ein kommissarisches Kabinett aus überzeugten und für solche Ämter
ungewohnt jungen Parteigenossen {Kabinett der Dreißigjährigen). Neuer Kultusminister
wurde der ambitionierte Dr. Wacker,74 der den Zentrumspolitiker Dr. Baumgartner75 ablöste.
In seinem Gefolge befand sich der Gymnasiallehrer Herbert Kraft,76 Alt-Parteigenosse, seit
1929 Landtagsabgeordneter der NSDAP und amtierender Präsident des Landtages, der künftig
die Gymnasialabteilung leiten sollte. Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Reiches vom 15.
Januar 1934 gewann das Reich die Aufsicht und Weisungskompetenz über die Kulturpolitik

67 Zum Problem der Ämterpatronage im Bildungsbereich während der Weimarer Republik vgl. Hans-Georg
Merz: Beamtentum und Beamtenpolitik in Baden. Studien über ihre Geschichte vom Großherzogtum bis in die
Anfangsjahre des nationalsozialistischen Herrschaftssystems (Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte
32). Freiburg/München 1995, S. 203-208.

68 Vgl. die Schreiben des Ministeriums vom 24.5.1932 und 3.8.1932. In: GLA 235/42373.

69 Archiv des Kepler-Gymnasiums Freiburg (künftig AKF) III. Dienst- und Personal Sachen m).

70 Bericht vom 23.3.1933. In: GLA 235/39730.

71 So beispielsweise im Umgang mit Referendaren, die Seminarsitzungen versäumten. Vgl.: AKF III. Dienst- und
Personalsachen gl).

72 GLA 235/20186.

73 Vgl. dazu Hugo Ott: Das Land Baden im Dritten Reich. In: Badische Geschichte. Vom Großherzogtum bis zur
Gegenwart. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Stuttgart 1979, S. 187 f.

74 Zu Otto Wacker (1899-1940) vgl. Katja Schrecke: Zwischen Heimaterde und Reichsdienst. Otto Wacker, badischer
Minister des Kultus, des Unterrichts und der Justiz. In: Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden
und Württemberg. Hg. von Michael Kissener/Joachim Scholtyseck. Konstanz 1997, S. 705-732.

75 Zu Eugen Baumgartner (1879-1944) vgl. BB, N.F. II, S. 22-25.

76 Zu Herbert Kraft (1886-1946) vgl. Alexander Mohr: „Ein gebildet sein wollender Mensch". Herbert Kraft,
Präsident des badischen Landtags (wie Anm. 74), S. 311-332.

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