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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 230
(PDF, 58 MB)
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willige Hilfsarbeiter und einen jährlichen Erhaltungsbedarf von 20 bis 30 Lehrern. Diesen
stünden 654 ausgebildete Assessoren im Wartestand gegenüber.100 Schnelle Abhilfe schien also
geboten.

Es ist interessant, dass die Nationalsozialisten die populäre Überfüllungstheorie nicht nur
ungeprüft übernahmen, sondern sie zugleich auch ideologisch verschärften: Ein falsches Aufstiegsstreben
habe zu einem gefahrdrohenden Mißstand für die Volksgemeinschaft geführt, so
die in der Parteiführung gängige Meinung, dem nunmehr der nationalsozialistische Staat mit
kraftvoller Entschiedenheit begegnen müsse.101 Die unter solchen Vorzeichen beschlossenen
Maßnahmen des badischen Kultusministeriums, die sich wiederum eng an Preußen102 anlehnten
, offenbarten Härte aber auch einen planlosen Aktionismus, mit dem man an allen möglichen
Drosselventilen zugleich drehte. Zunächst entließ das Ministerium alle jene Assessoren,
die als politisch unzuverlässig galten oder Notendurchschnitte mit befriedigend und schlechter
aufwiesen. Den übrigen stellte man anheim, eine Zusatzausbildung zu absolvieren und dann
in den Volksschuldienst zu wechseln.103 Bei entsprechender Eignung bot das Regime arbeitslosen
Assessoren auch Ersatzkarrieren an: im Reichsamt für Wetterkunde beispielsweise, in
Landwirtschafts- und Polizeischulen, in der Attache-Laufbahn des Auswärtigen Amtes und mit
zunehmender Aufrüstung auch im Offiziers- und Fachschuldienst von Heer und Luftwaffe.104
Nach eigenen Angaben verminderte das Ministerium damit bis zum Sommer 1935 die Quote
arbeitsloser Assessoren auf 350.105

Zur mittel- und langfristigen Steuerung des Professorennachwuchses erneuerte das Ministerium
am 29. November 1934 den im Jahre 1930 verhängten Numerus clausus. Demnach
wollte Baden, beginnend mit dem Jahrgang 1935, jährlich nur noch 12 Abiturienten für die
Lehrerlaufbahn zulassen, mit dem Vorbehalt freilich, dass diese ihre beiden Examina mit der
Mindestnote gut bestehen und sich überdies national bewähren würden. Letzteres bedeutete,
dass sie sich in der Zwischenzeit in der NSDAP oder einer ihrer Untergliederungen durch besondere
Einsatzfreude zu profilieren hatten. Die jeweiligen Schulleiter der Abgangsschulen
hatten in einem Gutachten detailliert festzuhalten, ob der Bewerber nach der nationalpolitischen
, nach der erzieherischen und nach der wissenschaftlichen Seite ein geeigneter Lehrer...
im nationalsozialistischen Staate zu werden verspricht.106

Des weiteren ergänzte das Ministerium am 6. Dezember 1934 den § 1 der Ausbildungsordnung
von 1928 mit dem Zusatz: Die Zulassung [zum Vorbereitungsdienst] erfolgt nur nach Bedarf
. 107 Faktisch knüpfte es damit bereits die Aufnahme in das Referendariat an den Erhaltungsbedarf
, den das Ministerium neuerdings mit jährlich 20 bis 25 Assessoren bezifferte.108
Für derart verminderte Größenordnungen genügte allerdings in Zukunft die Ausbildungskapazität
eines einzigen Seminars. Folgerichtig teilte das Ministerium am 2. Mai 1935 den Seminaren
in Freiburg, Mannheim und Heidelberg gleichlautend mit, dass das dortige Seminar ...
nach Ablauf der Ausbildungszeit der Referendare des Jahrgangs 1933 aufgehoben werde.109
Wenig später konnte der Kultusminister dem Reichserziehungsminister mitteilen, dass seit
Pfingsten in Baden nur noch das Seminar von Karlsruhe bestehe.110

"» Aktennotiz vom 17.11.1934. In: GLA 235/42373.

101 Zitate und Zusammenhänge bei Nath (wie Anm. 51), S. 197-200.

'02 Ebd., S. 200-204.

103 Es scheint, dass sich hierfür vor allem Assessorinnen entschieden hätten. Eine Aufstellung jener Personen, die
dieses Angebot angenommen haben, liegt jedoch nicht vor.

104 Sammlung entsprechender Rundbriefe aus den Jahren 1935 und 1936. In: GLA 235/42373.

105 Mitteilung an das Reichserziehungsministerium vom 24.8.1935. In: GLA 235/42373.
ll* Amtsblatt 1934, S. 193.

'o? Amtsblatt 1934, S. 196.

"» Wie Anm. 100.

109 In: GLA 235/42373.

"o Schreiben vom 24.8.1935. In: GLA 235/42373.

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