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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 143
(PDF, 48 MB)
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chen werden, der sie zur Ausübung des Stimmrechts befähigt. Und in einem solchen Zustand allgemeinen
friedlichen und fleißigen Strebens wird Handel, Industrie, die Volksarbeit in einer Weise aufblühen, daß
alle Hände zu thun erhalten und die sogenannte sociale Frage auf praktische Weise weit besser gelöst
wird, als durch irgend eine Ihrer Theorien.^

Auch das folgende Textzitat aus einem Flugblatt an die Arbeiter, in welchem der Führungsanspruch
des Bürgertums begründet und bekräftigt wurde, war symptomatisch für das Verhältnis
des Bürgertums zu den unteren Klassen:

Ihr werdet vielleicht fragen, wer seyd ihr und was berechtigt euch dazu, auf unsern Weg zu schauen und
uns zu warnen oder zu leiten ? Wir wollen euch sagen, wer wir sind und was uns berechtigt.

Wer hat die Städte gegründet, die Gewerbe eingerichtet, die Fabriken gebaut, den Handel gestiftet?
Wer hat Kunst und Wissenschaft gepflegt, dem Gesetz, der Aufklärung, dem Gemeinsinn die Bahn gebrochen
? Wer hat den Landmann in seinen Bereich gezogen, die Ertragsfähigkeit seines Besitzes vermehrt,
den Werth seiner Produkte erhöht, den Boden beweglich, das Capital flüssig gemacht? - Wer hat für den
Schutz der Arbeit gesorgt, den Arbeiter immer enger an sich gezogen, ihm seine Sorge in Schulen, Banken
, Verpflegungsanstalten angedeihen lassen ? Wer hat bewirkt, daß der Arbeiter jetzt besser lebt, sich
besser kleidet, eine bessere Wohnung hat und einen leichteren Zugang zu Behaglichkeit findet? ,„,

Der Bürger ist es, der seit Jahrhunderten für euch gedacht, gesorgt und gearbeitet hat, und eben dieser
Bürger spricht jetzt zu euch, durch seine Arbeit dazu berechtigt. Noch mehr, er fordert euch auf, sich
ihm anzuschließen, Vertrauen zu ihm zu fassen und ihn in seinen Unternehmen zu unterstützen.^

Das in den Vaterländischen Vereinen organisierte Bürgertum versuchte sich jedoch auch gegen
die Vorwürfe der Volksvereine zu wehren, es verachte die Arbeiterschaft. In einem Flugblatt,
welches vom Landesausschuss des Vaterländischen Landes-Vereins in Baden herausgegeben
worden war, heißt es:

Mitbürger! Die Anklage, daß wir Bürger des Landes den Arbeiter verachten und das Bemühen, unter
Hinweisung auf diese erdichtete Verachtung in den Arbeitern den Hass gegen den Bürger groß zu ziehen,
können der Parthei, von der es ausgeht und die sich Volkspartei nennt, wahrlich nicht zur Ehre gereichen.
Wo ist der Arbeiter unter uns, unter dem Volk, unter seinen Mitbürgern verachtet [sie! J?

Blicket um im Lande bei dem Bauern, bei dem Handwerker, in den großen Werkstätten und in dem Bereiche
des Handels; hat er nicht überall in unsrem Lande, so weit es die Geschäfte ermöglichen, seinen
angemessenen Verdienst, und werden nicht überall, wo es Noth thut, die Hülfsbedüiftigen von den Begüterten
unterstützt? ...

Über diese und andere redlichen Bestrebungen hier und im ganzen Lande sieht man weg und klagt diejenigen
, von denen diese Bestrebungen zur Unterstützung der arbeitenden Klassen ausgehen, des Hasses
gegen den Arbeiter, der gemeinen Gewinnsucht und der Volksfeindlichkeit an! Kann ein solches Verfahren
einen edlen, ehrenhaften, zum Wohle des Volkes ausschlagenden Zweck haben ? Nimmermehr!37

4.2. Republik oder konstitutionelle Monarchie

Eine wichtige Debatte, die sich hauptsächlich zwischen Liberalen und Demokraten entfaltete,
drehte sich um die Frage, ob eine Republik oder eine konstitutionelle Monarchie anzustreben
sei.38 Liberale und Demokraten hatten sich ansatzweise bereits im Verlaufe des Vormärzes als
eigenständige politische Kräfte formiert, wobei an der Basis zu Beginn der Märzrevolution zumeist
noch eine einheitliche liberal-demokratische Bewegung mit gemeinsamen Organisationen
bestand. Dementsprechend vollzog sich der Prozess der politisch organisatorischen Spaltung
in vielen Regionen nur langsam und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.39 Im ge-

« Ebd.

% Ebd.. Blatt 209.
Ebd.. Blatt 175.

J8 Diese Diskussion galt sowohl für Baden als auch für das gesamtdeutsche Reich, wo sie mit der Frage des Staatsoberhauptes
verknüpft wurde.

39 Michael Wettengel: Parteibildung in Deutschland. Das politische Vereinswesen in der Revolution von 1848.
In: Europa 1848. Revolution und Reform. Hg. von Dieter Langewiesche, Dieter Dowe und Heinz-Gerhard
Haupt. Bonn 1998, S. 703 ff.

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