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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 146
(PDF, 48 MB)
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det werden, um eine Armee von überflüssigen Beamten zu mästen, sondern um solche Einrichtungen zu
treffen, hei welchen es dem Bürger möglich ist, sein Fortkommen zu finden, wenn er arbeiten will. Die
Bruderliebe will, daß der Nebenmensch aufkomme, und nicht, daß er zu Grunde geht. Sie verhindert daher
, daß das Letztere eintritt, und der demokratische Staat, in dem sie gilt, verwendet das Geld des Volkes
zur Gründung von Unterrichts- und Bildungsanstalten, damit die Jugend befähigt werde, sich durch die
Arbeit ihrer Hände oder ihres Kopfes einmal durch 's Leben zu bringen. ...

Wenn das Geld hierzu angewendet wird, so ist keine Steuer zu hoch, denn sie fließt wieder zum Volk
zurück; aber für eine prachtvolle fürstliche Hofhaltung, während das Volk in Lumpen geht, für Beamtenmast
, während das Volk verhungert, ist jeder Kreuzer zuviel...

Wenn der demokratische Staat hergestellt wird, so wird das Volk zu Wohlstand kommen, denn es regiert
sich selbst und braucht sich nicht von Ministern betrügen und unterdrücken zu lassen; es macht sich selbst
seine Steuern und sorgt selbst dafür, daß sie zu seinem Wohl verwendet werden.^

Wenngleich dieses Wort nicht explizit erwähnt wurde, so forderten die Demokraten in dieser
Flugschrift die Republik. Die Republik sei, so argumentierten die Demokraten, Garant für eine
sozial stabile Gesellschaft, weil in ihr der kostspielige Staatsapparat reduziert werde, und die
Staatsausgaben zugunsten der Aus- und Weiterbildung der Bevölkerung umgelagert werden
könnten. Zudem werde in der Republik eine Vermögenssteuer erhoben, was eine gerechtere
Lastenverteilung für alle Klassen mit sich bringen würde. Damit versuchten die Demokraten
die Republik als Ansatz zur Lösung der sozialen Frage zu propagieren. Sie sei geeignet, Stabilität
und Gerechtigkeit für alle zu garantieren. Die Demokraten verknüpften also die Lösung
der sozialen Frage mit der Frage der Staatsform. Vehement widersprachen sie außerdem den
Anschuldigungen der Liberalen, dass die Errichtung einer Republik anarchische Zustände herbeiführen
werde. Vielmehr verspreche sie Ruhe und Ordnung, denn das sei nur in dem Staat
der Freiheit, der Gleichheit und der Bruderliebe möglich.50

4.3. Die Form des künftigen Deutschlands

Nach dem Sieg der Revolution in Preußen und Österreich wurde die Gründung eines deutschen
Nationalstaates als Ergebnis der Märzbewegung immer deutlicher. Über die Art und Weise, wie
dies geschehen sollte, wurde Anfang April entschieden, als die Gründung eines Vorparlamentes
beschlossen wurde, welches in Zusammenarbeit mit den Regierungen der Einzelstaaten die
Einberufung der Nationalversammlung in die Hand nehmen sollte.51 Als am 18. Mai 1848 die
Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zusammentrat, war es die wichtigste Aufgabe
des neu gewählten gesamtdeutschen Parlamentes, eine Verfassung auszuarbeiten und eine
Zentralgewalt für das neue Reich zu bilden. Ende Juni wurden nach einer kontroversen Debatte
um die Form der provisorischen Zentralgewalt auf Vorschlag Heinrich von Gagerns hin
Erzherzog Johann von Österreich zum Reichsverweser eingesetzt und ein Reichsministerium
gebildet, welches aus den Ministerien für Äußeres, Inneres, Finanzen, Justiz, Handel und
Kriegswesen bestand.52 Das Problem der neuen provisorischen Zentralgewalt war jedoch, dass
sie weder völkerrechtlich anerkannt noch von den einzelnen deutschen Staaten mit ausreichenden
militärischen Vollmachten ausgerüstet wurde. Besonders die größten Staaten wie
Österreich und Preußen widersetzten sich, die oberste Befehlsgewalt über ihr Militär an die
Kompetenz der Nationalversammlung abzutreten. Die Nation, auf die sich die Nationalversammlung
in Frankfurt berief, war, wie Ribhegge schrieb, Wille und Vorstellung, jedoch noch
nicht eine politische Realität.53

49 Ebd., Blatt 220.
» Ebd.

51 Manfred Botzenhart: 1848/49. Europa im Umbruch. Paderborn 1998, S. 91.

52 Henkel (wie Anm. 2), S. 113.

53 Wilhelm Ribhegge: Das Parlament als Nation. Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Düsseldorf
1998. S. 14.

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