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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 83
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rheinischen Landstraße zwischen Basel und Frankfurt und der seit 1496 von zwei auf jährlich
drei vermehrten Jahrmärkte konnte man aufgrund der recht kleinräumigen und überschaubaren
Marktbeziehungen mit begrenztem Kundenkreis und eingeschränkten Absatzmöglichkeiten
allein vom Handwerk nicht leben.43

Zwar entfällt die Möglichkeit, anhand der städtischen Rechnungen mit ihrer oftmals namentlichen
Auflistung der gegenüber der Stadt für Wiesen, Äcker, Felder und Weinberge ab-
gabenpflichtigen Personen Angaben zum Umfang agrarischer Flächen im Besitz von Kenzin-
ger Handwerkern für die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zu gewinnen, da die Rechnungen
der Stadt Kenzingen, abgesehen von dem vereinzelten Jahrgang 1742, erst ab dem Jahr
1789 erhalten sind.44 Doch bereits eine grobe Sichtung .der noch unverzeichneten, vermutlich
nur lückenhaft überlieferten Kenzinger Nachlassinventare aus der zweiten Hälfte des 17. und
dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts zeigt in wünschenswerter Klarheit, dass, wenn auch in
unterschiedlichem Umfang, offenbar annähernd alle in Kenzingen ansässigen Handwerker zugleich
Äcker, Wiesen, Gartenland und Reben bewirtschafteten, Wald besaßen und zum Teil
Vieh hielten. Selbst Stadtbewohner wie der Zünfftige und Wundartzt Laurenz Hawer oder der
in Ansehung seines Namens vermutlich aus Frankreich oder der französischsprachigen
Schweiz zugewanderte Kenzinger Bürger und Handelsmann Claude Udry bestritten nach Ausweis
ihrer Hinterlassenschaftsinventare von 1665 bzw. 1730 einen wesentlichen Teil ihres Lebensunterhalts
aus der Bewirtschaftung und teilweisen Verpachtung ihres agrarischen Besitzes
.45

Nicht zuletzt bieten auch die ab dem Jahr 1655 erhaltenen Ratsprotokolle der Stadt einige
zwar allgemeine, aber in diesem Zusammenhang doch ausreichend aussagekräftige Belege für
die ausgeprägt ackerbürgerliche Struktur Kenzingens in der frühen Neuzeit. So gehörte beispielsweise
das Amt des bawmeisters zeitweilig zum städtischen Stellenplan. Und dieses Amt
beschränkte sich nicht allein, entsprechend dem heutigen Wortverständnis, auf die Erpawung
newer heüßer vnndt aller (der) statt gemeine Sachen, sondern beinhaltete laut der eben zitierten
Stellenbeschreibung in den Ratsprotokollen außerdem die Aufsicht über die beiden Brücken
vor den Stadttoren sowie über Wege und Stege. Mit letzteren waren vor allem die Wege außerhalb
der Stadtmauern, zu und zwischen den Feldern gemeint. Somit war der städtische baw-
meister sicherlich auch für die organisatorischen Aspekte der Feldbestellung zuständig, z.B.
im Rahmen der Dreifelderwirtschaft mit ihrem zeigenweisen Anbauwechsel zwischen Winterfrucht
, Sommerfrucht und Brache. Außerdem mussten, da die einzelnen Zeigen oft ohne eigene

43 Zunftprivileg: Treffeisen (wie Anm. 41), S. 52; Landstraße: ebd., S. 71: Jahrmärkte: Jürgen Treffeisen: Städtische
Wirtschaft im Mittelalter. In: Die Geschichte der Stadt Kenzingen. Bd. 2. Mensch, Stadt. Umwelt. Hg. im
Auftrag der Stadt Kenzingen von Jürgen Treffeisen, Reinhold Hämmerle und Gerhard A. Auer. Kenzingen
1999, S. 331-338, hier S. 331 f.

44 Aufschluss über das Kenzinger Ackerbürgertum könnte eine Durchsicht der Urbare der im Kenzinger Bann begüterten
Klöster und anderen Liegenschaftseignern liefern. Auch würde eine systematische Auswertung der im
„Contracten-Protokoll" (Stadtarchiv Freiburg [StadtAF], LI Kenzingen C. V 1) der Stadt notariell verzeichneten
Grundstücksgeschäfte eindeutige Aussagen zu diesem prägenden Aspekt der städtischen Wirtschaftsgeschichte
liefern.

45 Laurenz Hawer, Stadt AF. LI Kenzingen A. V 51 (1665, 25. Februar) Erbteilungsregister; ebd., V 190(1665.25.
Februar) Verlassenschaftsinventar von Anna Maria Orand, geweste Zünfftigin, Ehefrau von Laurenz Hawer: ebd..
V 192 (1665, 17. Dezember) Teilregister über das elterliche Erbe für den Sohn Hans Georg Hawer; ebd., V 193
(1665, 17. Dezember) Nachlass von Meister Laurenz Hawer. Entsprechend um Laurenz Hawer zu erweitern ist
die Liste der Kenzinger Bader und Wundärzte bei Hans Rudolf Seimer: Vom Spital zum Krankenhaus (1316-
1982). Gesundheitsfürsorge in Kenzingen. In: Kenzingen, Bd. 2 (wie Anm. 43), S. 125-154, hier S. 144. Claude
Udry: StadtAF, LI Kenzingen A, V 210 (1730, 7. März) Nachlassinventar von Maria Eva Küntzer, Witwe von
Claude Udry; weitere Beispiele: ebd., V 4 (1696, 15. März) Nachlassteilung von Christoph Irslinger, Bürger und
Glaser: Äcker, Reben, Matten; ebd., V 48 (1662, 26. Oktober) Zunftmeister Hans Hetzel: Matten; ebd., V 50
(1667, 5. Oktober) Maria Witzig, Witwe von Michel Mayer, dem Färber: Matten, Äcker, Reben, Gärten, Länder;
ebd.. V 241 (1738, 9. Mai) Franz Kayser, Hutmacher: umfangreicher Besitz an Äckern. Hanfländern, Matten,
Baumgärten, Reben.

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