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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 98
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licher weyß und über die notturfft zu üben understanden und befunden [wird]/ derowegen insehens und
wendung thun sollen."112

Nun ist diese Regelung unter Berücksichtigung des oben zitierten Zwecks der Wassergenossenschaft
keineswegs als früher Ausdruck ökologischen Denkens zu verstehen, etwa in dem
Sinn, dass in selbstloser Weise naturbewahrender Umweltschutz verwirklicht und ein intakter
Lebensraum für Fische als Selbstzweck gewährleistet werden sollte. Vielmehr diente die Bestimmung
der Sicherstellung und Durchsetzung der ökonomischen Interessen der Fischer, die
Einbußen bei ihrem Fang befürchteten oder tatsächlich erlitten, gegenüber den hanfanbauenden
Bauern. Denn diese nutzten die Gewässer offenbar als eine bequeme Möglichkeit zum Rösten
des Hanfs. Das Anlegen besonderer Gruben oder Becken hierfür wäre dagegen mit Arbeitsaufwand
und Kosten verbunden gewesen. Außerdem war sicher auch schon den Hanfbauern im
16. Jahrhundert bekannt, was später die in der „Oeconomischen Enzyclopädie" dargestellten
Versuche bestätigten, nämlich dass das Rösten des Hanfs in fließendem Wasser eine bessere
Faserqualität mit hellerer, leichter Absatz findender Farbe lieferte.

Der ökonomische Konflikt zwischen Hanfbauern und Fischern bestand nun gerade auch in
Kenzingen. Hier bildete die in einer eigenen Zunft organisierte Fischerei113 einen wichtigen
Zweig des städtischen Gewerbes. Zumindest im Mittelalter war der Fischmarkt in Kenzingen
einer der bedeutendsten und größten im nördlichen Breisgau.114 Für die Bedeutung und den
Einfluss der Kenzinger Fischerzunft an der Wende zur Neuzeit spricht, dass die breisgauische
Wassergenossenschaft, die sich sonst meist in Freiburg versammelte, in den Jahren 1502 und
1508 in Kenzingen tagte.115 Eine pikante Note verlieh dem Interessengegensatz zwischen Hanfbau
und Fischerei der Umstand, dass das neben dem erforderlichen Kahn, dem Weidling, Dreibord
oder Nachen116 wichtigste Handwerksgerät der Fischer, die Netze und die verschiedenen
Fanggarne, eben gerade aus Hanf gefertigt wurde. Allerdings bauten zumindest manche Fischer
den dafür benötigten Hanf selbst an und stellten auch ihre Netze oder zumindest das dafür erforderliche
Garn eigenhändig her. So gehörten zur Hinterlassenschaft des Kenzinger Fischers
Jakob Schwanz laut Verlassenschaftsinventar seiner 1737 verstorbenen Witwe nicht nur IVi
Sester {61 Vi a)117 Hanfland sowie Hanfsamen zur Wiederaussaat, sondern auch zwei Hanfbrechen
und eine Hanfhechel. Übrigens ist dieser Fischer ein weiteres Beispiel dafür, dass Kenzinger
Gewerbetreibende in der frühen Neuzeit sich nicht oder nur schwer allein von ihrem
Handwerk ernähren konnten: Der Nachlass von Schwartz' Witwe umfasste neben dem Hanfland
Besitz an Äckern, Baum- und Grasgärten, Matten und Reben sowie zwei Kühe und zwei
Schweine.118 Anders dagegen bei Schwartz' 1734 verstorbenen Zunftgenossen Konrad Dettlin-
ger, dessen Fischereigerät im Nachlassinventar leider nicht verzeichnet ist, da dieses unter den
Erben bereits einvernehmlich aufgeteilt worden war. An landwirtschaftlichen Liegenschaften
hinterließ Dettlinger lediglich ein wenig Rebgelände. Wahrscheinlich war er einfach weniger
begütert, wofür auch spricht, dass er im Unterschied zu Jacob Schwartz nur die Hälfte eines

112 StadtAF, Cl Wasserbau 2 Nr. 1; Heizmann (wie Anm. 111), S. 111.

113 Vgl. die Fischerzünfte in den Städten Freiburg, Säckingen und Burkheim, Weber (wie Anm. 47), S. 106.

114 Hämmerle (wie Anm. 111), hier vor allem S. 39-49; Treffeisen (wie Anm. 43), S. 334; Treffeisen (wie Anm.
49), S. 38f. und 98f.; Der Landkreis Emmendingen. Bd. 2. 1. Teilband. Hg. von der Landesarchivdirektion Baden
-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Emmendingen (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-
Württemberg). Stuttgart 2001. S. 455.

ns StadtAF, Cl Wasserbau 2 Nr. 1.

116 Zur Terminologie des Fischerhandwerks vgl. Renate Schrambke: Schiff - Dreibord - Weidling - Nachen. Arbeit
und Sprache der Flußfischer am Oberrhein. In: Alemannisches Jahrbuch 1995/96, S. 311-354, hier S. 316ff.
und 320-328 sowie das Glossar am Ende ihres Beitrags.

117 Der Sester als Flächenmaß zu etwa 9 a. Der Sester ist eigentlich ein Raummaß, wurde im Breisgau auch als
Flächenmaß für Matten und Äcker benutzt, wobei wohl vom Saatgutbedarf ausgegangen wurde, Huggle/Ohler
(wie Anm. 58), S. 24.

I1X StadtAF, LI Kenzingen A, V 228 (1737, 4. Dezember) Nachlass Jakob Schwartz.

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