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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 197
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Buchbesprechungen

Landes- und regionalgeschichtliche Literatur

Andreas Bihrer: Der Konstanzer Bischofshof im 14. Jahrhundert. Herrschaftliche, soziale und kommunikative
Aspekte (Residenzenforschung 18). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2005. 679 S.

Ein Walch, der der Schwaben sitten nit erkennet, wurde 1307 Bischof von Konstanz: Gerhard von Bevar,
Spross einer französischen Adelsfamilie aus der Gegend von Auxerre, gebildet, in geistlichen und weltlichen
Dingen erfahren. Papst Clemens V. hatte ihn eingesetzt, nachdem das Domkapitel durch eine Doppelwahl
seinen Einfluss auf die Entscheidung über den Nachfolger Heinrichs von Klingenberg preisgegeben
hatte. Ein Bischof hatte damals einerseits die Aufgabe, als Diözesanoberhaupt das Bistum zu verwalten
, was vorwiegend von der Bischofsstadt als zentralem Kultort aus geschah, andererseits war er als
Regent des Hochstifts weltlicher Fürst, der sein Territorium nach der Praxis seiner Zeit von wechselnden
Residenzen aus regierte. Die Burg Gottlieben, westlich von Konstanz an der Mündung des See-Rheins gelegen
, war die bedeutendste Residenz des Hochstifts, die Burg Kastell, ebenfalls nahe bei Konstanz auf
der Bischofshöri, diente als Zufluchtsort bei Konflikten mit den Konstanzer Bürgern um die Stadtherrschaft
. Die Stadt Klingnau im Aargau war Sitz eines bischöflichen Vogts. Arbon, Küssburg, Kaiserstuhl.
Rotwasserstelz, Meersburg und Neukirch waren weitere zentrale Orte innerhalb des bischöflichen Territoriums
, das im Vergleich mit dem weit ausgedehnten Gebiet des Bistums zwischen den Schweizer Alpen
und dem Oberrhein bescheidene Dimensionen hatte.

Andreas Bihrer promovierte 2002/2003 an der Philologischen Fakultät der Universität Freiburg mit
einer Untersuchung der Geschichte des Konstanzer Bischofshofs im 14. Jahrhundert. Seine umfangreiche
und vielschichtige Arbeit, die sich gezielt in eine Lücke in der Diözesangeschichte einpasst, erschien 2005
in anspruchsvoller Aufmachung in der Reihe „Residenzenforschung", die von der Residenzen-Kommission
der Akademie der Wissenschaften in Göttingen herausgegeben wird. Den zeitlichen Rahmen bilden
die Episkopate von sechs Bichöfen: Auf den eingangs erwähnten Gerhard von Bevar (1307-1318) folgten
Rudolf von Montfort, Nikolaus von Frauenfeld, Ulrich von Pfefferhard, Johann Windlock und Heinrich
von Brandis (1357-1383). Bihrer untersuchte nicht nur das Taktieren der Bischöfe in Bezug auf die überregionale
Politik, die vom Machtkampf zwischen Kaiser und Papst bestimmt war; interessante Erkenntnisse
erschließen sich im Blick auf die Personen in der Umgebung des Bischofs, ihre Gruppenzugehörigkeit
und Intentionen. Ausführlich behandelt Bihrer daher das Domkapitel und alle Inhaber von Funktionen
am Bischofshof vom Weihbischof und Generalvikar über die Offiziale, Advokaten, Notare und Boten
in Avignon - denn in der hier behandelten Zeit residierten die Päpste in Frankreich - bis hinunter zu den
Landdekanen. Auch das Militärwesen musste geregelt sein. Der Bischof stellte im Bedarfsfall eine
Söldnertruppe aus Freiadeligen, Rittern und Bürgern auf, die er bei Aktionen des Reichsheeres oder der
Herzöge selbst führte. In der Mitte des 14. Jahrhunderts ist ein Peter von Hewen als bischöflicher Heerführer
gut bezeugt.

Durch subtile Quelleninterpretation und die Synopse des Datenmaterials gelingt es Bihrer, die Politik
am Bischofshof und die Vorgänge bei den Bischofswahlen aus der Gruppenzugehörigkeit der handelnden
Personen zu erklären. Zwei Parteien konnte er fassen, die seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bestimmend
waren: die Klingenbergpartei und die Grafenpartei. Der Ersteren gehörten schwerpunktmäßig Niederadelige
aus dem später schweizerischen Gebiet und das Konstanzer Stadtpatriziat an. die Zweite gruppierte
sich um die Familien der Grafen von Freiburg und Fürstenberg. Die Herrschaftsgebiete der Angehörigen
dieser Gruppe lagen nördlich des Bodensees im westlichen Teil der Diözese. Neben diesen traditionellen,
durch gemeinsame Herkunft und Heiratsverbindungen geeinten Gruppierungen bildete sich eine dritte
Gruppe aus gebildeten Aufsteigern. In der Amtszeit von Bischof Johann Windlock (1351-1356) unterstützten
sie dessen Reformpolitik, die darauf angelegt war, bei den Amtsträgern der Diözese und den
Inhabern von Pfründen die geistliche Lebensform durchzusetzen, was damals keine Selbstverständlichkeit
war. Bihrer formuliert es so: „Interesse an geistlichen, seelsorgerischen oder theologischen Aufgaben kann
keinem der Konstanzer Bischöfe in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zugeschrieben werden. Im

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